Aussetzung des Familiennachzugs – Entscheidung am Freitag erwartet
Am 27. Juni entscheidet der Bundestag über ein Gesetz, das den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte für zwei Jahre aussetzt. Der Entwurf stammt von CDU/CSU und SPD und wurde bereits am 6. Juni in einer ersten Sitzung beraten.
Was steht im Gesetzentwurf?
Der Gesetzentwurf trägt den Titel „Entwurf eines Gesetzes zur Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten“. Zwei zentrale Punkte stehen im Fokus:
- In § 1 Absatz 1 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) soll die Begriffsbestimmung um das Wort „Begrenzung“ ergänzt werden. Damit soll klargestellt werden, dass das Gesetz nicht nur der Steuerung, sondern ausdrücklich auch der Begrenzung von Zuwanderung dient.
- Der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte nach § 36a AufenthG soll für zwei Jahre ausgesetzt werden. Ausnahmen gelten für Härtefälle und besondere humanitäre Situationen (§§ 22 und 23 AufenthG).
Wie begründen CDU/CSU und SPD das neue Gesetz?
In ihrer Begründung verweist die Bundesregierung auf die hohe Zahl an Schutzsuchenden: 2023 wurden über 329.000 Asylanträge in Deutschland gestellt, im ersten Halbjahr 2024 knapp 230.000. Dies stellt, so die Regierung, große Herausforderungen für Länder und Kommunen dar, besonders beim Wohnraum sowie Integrationsangeboten.
Der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten ist derzeit laut § 36a AufenthG auf 1.000 Visa pro Monat begrenzt. Dieses Kontingent wurde 2023 und 2024 regelmäßig ausgeschöpft, so die Bundesregierung. Anfang 2025 lebten etwa 388.000 subsidiär Schutzberechtigte in Deutschland.
Antrag: Die Linke fordert Erleichterung des Familiennachzugs
Ebenfalls am Freitag (27. Juni) diskutiert der Bundestag über einen Antrag der Fraktion Die Linke. Dieser geht in die entgegengesetzte Richtung: Die Linke fordert, dass der Familiennachzug nicht eingeschränkt, sondern erleichtert und ausgeweitet wird.
Die Linke kritisiert, dass viele Geflüchtete mit subsidiärem Schutzstatus oft jahrelang von ihren Familien getrennt leben. Ihr Vorschlag umfasst:
- Gleiches Recht auf Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte wie für anerkannte Flüchtlinge
- Erweiterung der Härtefallregelung (§ 22 AufenthG) – da sie nur sehr seltene Ausnahmefälle abdeckt und die meisten Betroffenen ausschließt
- Ablehnung der zweijährigen Aussetzung des Familiennachzugs
- Einführung von Sonderterminen bei Visastellen für Familien mit minderjährigen Kindern
- Abschaffung der monatlichen Kontingentregel von 1.000 Visa
Die Linke verweist in ihrer Begründung auf mehrere Urteile von deutschen Gerichten, dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Alle betonen, dass bei familienrechtlichen Fragen immer der Einzelfall geprüft werden muss – vor allem, wenn Kinder betroffen sind oder eine Familienzusammenführung im Herkunftsland unmöglich ist.
Einbürgerung: Rücknahme der „Turbo“-Regelung
Am 26. Juni berät der Bundestag erstmals über eine Reform des Staatsangehörigkeitsrechts. Die im Juni 2024 eingeführte Einbürgerung nach nur drei Jahren (“Turbo”-Einbürgerung) soll wieder abgeschafft werden. Stattdessen soll künftig eine generelle Mindestaufenthaltsdauer von fünf Jahren gelten.
Alle anderen Voraussetzungen für die Einbürgerungen wie Sprachkenntnisse, eigenständige Lebenssicherung und Straffreiheit bleiben bestehen.
In der Begründung heißt es, dass eine nachhaltige Integration eine gewisse Zeit des Aufenthalts in Deutschland erfordert. Erst danach sei eine Einbürgerung gerechtfertigt. Nach der ersten Lesung wird der Entwurf zur weiteren Beratung an den Innenausschuss überwiesen. Eine Entscheidung wird noch vor der Sommerpause 2025 erwartet.
Antrag der AfD: Bürgergeld für ukrainische Geflüchtete streichen
Am 26. Juni wird zudem ein AfD-Antrag behandelt, der das Bürgergeld für Geflüchtete aus der Ukraine abschaffen will. Aktuell erhalten sie aufgrund einer Sonderregelung Bürgergeld statt Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Weitere Details zum Antrag der AfD sind aktuell noch nicht öffentlich bekannt.
Eine ähnliche Änderung wurde bereits im Koalitionsvertrag zwischen der Union und der SPD festgelegt. Allerdings hatte Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) erst vor wenigen Tagen angekündigt, dass diese Regelung frühestens Ende 2025 oder Anfang 2026 in Kraft treten soll.
Bis dahin sollen Geflüchtete aus der Ukraine – auch jene, die nach dem 1. April 2025 nach Deutschland gekommen sind – weiterhin Bürgergeld erhalten.
Die Einbürgerung in Deutschland ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, die Sie erfüllen müssen. Dazu gehören nicht nur eine Mindestaufenthaltsdauer, sondern auch Kenntnisse der deutschen Sprache und die Bereitschaft, sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. ...
Fazit: Was ist politisch durchsetzbar – und was nicht?
In der Sitzungswoche vom 23. bis 27. Juni 2025 entscheidet der Bundestag über mehrere migrationspolitisch relevante Vorhaben. Schon jetzt zeichnet sich ab, welche davon eine Mehrheit finden dürften:
Aussetzung des Familiennachzugs
Obwohl es innerhalb der SPD kritische Stimmen zum Gesetzentwurf gibt, wird mit einer Mehrheit für die Aussetzung des Familiennachzugs gerechnet. Die CDU/CSU (208 Sitze) unterstützt die Reform geschlossen. Auch wenn sich die SPD (120 Sitze) bislang zurückhaltend äußert, dürfte ein Großteil der Fraktion ebenfalls zustimmen – damit wäre die Mehrheit bereits erreicht. Auch die AfD (151 Sitze) dürfte für das Gesetz stimmen.
Die Linke (64 Sitze) und die Grünen (85 Sitze) lehnen den Entwurf ab. Ihre Stimmen reichen jedoch nicht aus, um das Gesetz zu stoppen. Die Verabschiedung am Freitag gilt daher als sehr wahrscheinlich.
Turbo-Einbürgerung nach drei Jahren
Auch beim geplanten Gesetz zur Rücknahme der Turbo-Einbürgerung gibt es kaum sichtbaren Widerstand in der bisherigen Debatte. Die öffentliche und politische Diskussion war bereits seit ihrer Einführung begleitet von kritischen Stimmen – vor allem aus konservativen Kreisen. Auch einige Landesregierungen sahen die Regelung von Anfang an eher skeptisch.
Da es sich bei der aktuellen Vorlage lediglich um die Streichung dieser Sonderregel handelt – nicht um eine grundlegende Reform des Staatsangehörigkeitsrechts –, ist mit einer breiten Mehrheit im Bundestag zu rechnen. Die Rückkehr zur regulären Mindestaufenthaltsdauer von fünf Jahren dürfte damit noch vor der Sommerpause beschlossen werden.
Antrag auf Erweiterung des Familiennachzugs
Die Linke stellt sich mit ihrem Antrag gegen die geplante Aussetzung des Familiennachzugs und fordert stattdessen eine Erweiterung und Vereinfachung.
Im Bundestag dürfte der Antrag jedoch keine Mehrheit finden. Weder CDU/CSU noch die AfD haben Interesse an einer solchen Ausweitung. Auch wenn einige grüne Abgeordnete inhaltlich ähnliche Positionen vertreten, wird die Zahl der Stimmen nicht ausreichen, um den Antrag durchzusetzen.
Streichung des Bürgergelds für ukrainische Geflüchtete
Der Antrag der AfD-Fraktion, das Bürgergeld für Geflüchtete aus der Ukraine zu beenden, wird sehr wahrscheinlich keine Mehrheit finden. Die Bundesregierung plant, die Regelung zu überarbeiten – das soll aber erst nach der Sommerpause geschehen.
Zudem steht eine generelle Ablehnung von AfD-Initiativen (“Brandmauer”) für die übrigen Fraktionen fest. Auch die CDU/CSU wird sich einem von der AfD eingebrachten Antrag aller Wahrscheinlichkeit nach nicht anschließen, selbst wenn er inhaltlich ähnliche Ziele verfolgt.