Warum verlängert die EU den Schutz für geflüchtete Ukrainer bis 2027?
„Während Russland weiterhin die ukrainische Zivilbevölkerung mit willkürlichen Luftangriffen terrorisiert, werden wir Millionen ukrainischen Flüchtlingen noch ein weiteres Jahr lang Schutz bieten“, erklärte der polnische Innenminister Tomasz Siemoniak. Polen hatte bis Juli 2025 den Vorsitz des EU-Rates inne.
Gleichzeitig betonte Siemoniak, dass erste Gespräche über eine geregelte Beendigung des vorübergehenden Schutzes laufen – sobald ein „gerechter Frieden“ in der Ukraine erreicht sei. Die ursprüngliche Regelung galt bis zum 4. März 2026.
Die neue Regelung soll eine Entlastung der nationalen Asylsysteme garantieren. Denn: Wer unter diese Regelung fällt, muss keinen individuellen Asylantrag stellen.
Sollte sich die Lage in der Ukraine stabilisieren, könnte der Schutzmechanismus aber auch vor Ablauf der Frist aufgehoben werden – das liegt im Ermessen der EU-Kommission und des Rates.
Asyl in der EU: Keine Änderungen an den geltenden Regelungen für Ukrainer
Die Verlängerung bis März 2027 bringt keine Änderungen an den bestehenden Bedingungen: Die Rechte der geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer, die unter den Schutz fallen, bleiben unverändert. Dies schafft für viele Geflüchtete Planungssicherheit – ohne Druck zur sofortigen Rückkehr oder zum Asylantrag.
Was bedeutet der vorübergehende Schutz?
Die EU hatte das Instrument des vorübergehenden Schutzes kurz nach Kriegsbeginn im Februar 2022 aktiviert. Es gewährt Geflüchteten schnellen, kollektiven Zugang zu Schutz in allen EU-Staaten. Dazu zählen:
- Recht auf Aufenthalt in der EU ohne Visa
- Zugang zum Arbeitsmarkt
- Anspruch auf medizinische Versorgung
- Zugang zu Wohnraum und Sozialhilfe
- Zugang zu Schulbildung für Kinder
Auch EU-Kommissar Magnus Brunner betonte im Vorfeld: „Die Lage in der Ukraine ist weiterhin instabil. Die Verlängerung gibt Betroffenen und Mitgliedstaaten Planungssicherheit.“ Brunner kündigte zudem die Einsetzung eines EU-Sonderbeauftragten für ukrainische Geflüchtete an, um die Koordination zwischen den Staaten zu stärken.
Wie könnte es nach 2027 weitergehen?
Parallel zur Verlängerung bereitet die EU eine Übergangsstrategie für die Zeit nach dem Krieg vor: Gut integrierte Geflüchtete – etwa durch Arbeit, Ausbildung oder Sprachkenntnisse – sollen künftig leichter in reguläre Aufenthaltstitel wechseln können. In Deutschland kommen dafür unter anderem folgende Optionen infrage:
- § 16a AufenthG: Aufenthalt zur Berufsausbildung
- § 16d AufenthG: Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen
- § 16f AufenthG: Sprachkurse und Schulbesuch
- § 17 AufenthG: Ausbildungs- oder Studienplatzsuche
- § 18a und § 18b AufenthG: Erwerbstätigkeit
- § 19c AufenthG: sonstige Beschäftigung
- § 21 AufenthG: Selbstständigkeit
- §§ 27–36 AufenthG: Familiennachzug
Zugleich sollen aber auch Perspektiven für eine freiwillige Rückkehr in die Ukraine geschaffen werden– sobald es die Sicherheitslage zulässt. Ziel ist es, langfristige Lösungen zu schaffen, die sowohl den Bedürfnissen der Schutzsuchenden als auch den Kapazitäten der aufnehmenden Länder gerecht werden.
§ 24 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) ist eine zentrale rechtliche Bestimmung, die es ermöglicht, Personen, die kollektiv vor Krieg und Verfolgung fliehen, in Deutschland vorübergehenden Schutz zu gewähren. ...
Unsere Empfehlung; Frühzeitig einen Aufenthaltstitel beantragen
Auch wenn der Schutzstatus nun bis 2027 gesichert ist, empfiehlt es sich für ukrainische Geflüchtete, frühzeitig einen regulären Aufenthaltstitel in Deutschland zu beantragen.
Nur so lässt sich später ein unbefristeter Aufenthalt (Niederlassungserlaubnis) oder die Einbürgerung in Deutschland erreichen.
Neues Gesetz: Doppelte Staatsbürgerschaft in der Ukraine möglich
Ein weiterer wichtiger Schritt für dauerhaft in der EU lebende Geflüchtete: Die Ukraine hat im Juni 2025 ein Gesetz verabschiedet, das doppelte und mehrfache Staatsbürgerschaften erlaubt. Bislang war dies offiziell nicht möglich.
Mit der neuen Regelung will die Ukraine die Bindung zur weltweiten Diaspora stärken und auf die demografischen Folgen des Krieges reagieren. Weltweit leben rund 20 Millionen Menschen mit ukrainischen Wurzeln.
Die Neuregelung betrifft insbesondere:
- im Ausland geborene Kinder ukrainischer Eltern
- Ehepartner ukrainischer Staatsangehöriger
- ausländische Freiwillige, die in der Ukraine kämpfen
Mit der Reform des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts (in Kraft seit Juni 2024) ist auch in Deutschland nun grundsätzlich die doppelte Staatsbürgerschaft möglich. Damit können Ukrainer:innen, die eingebürgert werden, künftig ihre ukrainische Staatsangehörigkeit zusätzlich zum deutschen Pass behalten.