Aus für die Turbo-Einbürgerung: Worum geht es?
Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Juni 2024 wurde die Einbürgerung deutlich erleichtert: Statt acht Jahren sind seitdem nur noch fünf Jahre rechtmäßiger Aufenthalt in Deutschland erforderlich.
Auch die doppelte Staatsbürgerschaft ist seither möglich. Das bedeutet, dass Antragsteller:innen für den deutschen Pass ihre ursprüngliche Staatsbürgerschaft nicht mehr aufgeben müssen.
Zusätzlich führte die damalige Ampel-Regierung (SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen) die Turbo-Einbürgerung ein. Sie erlaubt es bestimmten Antragsteller:innen, schon nach drei Jahren Aufenthalt die deutsche Staatsangehörigkeit zu beantragen – vorausgesetzt, sie erfüllen besonders hohe Anforderungen:
- mindestens drei Jahre rechtmäßiger Aufenthalt in Deutschland
- Deutschkenntnisse auf C1-Niveau
- besondere Integrationsleistungen, zum Beispiel ehrenamtliches Engagement oder besondere Erfolge in Ausbildung und Beruf
- zusätzlich alle Voraussetzungen für die Einbürgerung, wie Straffreiheit, Integrationstest, nachhaltige Sicherung des Lebensunterhalts ohne Sozialleistungen etc.
Die Regelung war als Belohnung für schnelle Integration und als Signal an qualifizierte Fachkräfte gedacht, dass Deutschland ihren Beitrag anerkennt.
Einbürgerung nach drei Jahren soll enden
Genau diese Regelung soll nun gestrichen werden. Die neue Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD sieht die Turbo-Einbürgerung kritisch. Sie argumentiert, dass drei Jahre zu kurz seien, um eine nachhaltige Integration sicherzustellen. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit solle am Ende eines Integrationsprozesses stehen, nicht mitten darin.
Im Gesetzentwurf heißt es, eine „hinreichend lange Voraufenthaltszeit“ sei eine zentrale Voraussetzung für die Einbürgerung. Nur über Jahre hinweg könne eine Identifikation mit dem Gemeinwesen und eine Verinnerlichung der Werteordnung entstehen. Deshalb soll die Einbürgerung künftig wieder einheitlich mindestens fünf Jahre Aufenthalt voraussetzen.
Das Abstandsgebot – warum es eine Rolle spielt
Ein weiterer zentraler Punkt in der Begründung ist das sogenannte „Abstandsgebot“. Damit ist gemeint, dass zwischen einem dauerhaften Aufenthaltsrecht (wie der Niederlassungserlaubnis) und der Staatsangehörigkeit ein klarer Unterschied bestehen muss.
Konkret:
- Eine Niederlassungserlaubnis nach § 9 Aufenthaltsgesetz gibt es in der Regel erst nach fünf Jahren Aufenthalt und zusätzlich mit strengeren Anforderungen, etwa 60 Monaten Rentenbeiträgen.
- Die Turbo-Einbürgerung führt dagegen schon nach drei Jahren zur vollen deutschen Staatsangehörigkeit – und das trotz teilweise geringerer Anforderungen als im Aufenthaltsrecht.
Aus Sicht der Bundesregierung ist das ein Systembruch: Es wäre möglich gewesen, Deutscher zu werden, bevor man die Voraussetzungen für ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht erfüllt.
Genau das will die Regierung korrigieren, indem sie die Drei-Jahres-Regel streicht und damit die Einbürgerung wieder klar „über“ der Niederlassungserlaubnis ansiedelt.
Was sieht der Gesetzentwurf vor?
- § 10 Abs. 3 StAG wird gestrichen – die 3-Jahres-Option entfällt
- Künftig gilt einheitlich: mindestens 5 Jahre rechtmäßiger Aufenthalt für die Anspruchseinbürgerung
- Weitere Verkürzungsmöglichkeiten soll es nicht geben
- die doppelte Staatsbürgerschaft bleibt bestehen
Eine Übergangsregelung für laufende Anträge ist aktuell auch nach den Beratungen im Innenausschuss nicht vorgesehen. Das könnte bedeuten: Wer bis dahin noch keinen Bescheid erhalten hat, müsste im Zweifel die vollen fünf Jahre warten.
Wie stehen die Parteien zur Reform?
CDU/CSU und SPD: Befürworten die Streichung. Fünf Jahre Aufenthalt seien ein fairer, aber notwendiger Zeitraum für Integration.
AfD: Die Reform geht der AfD-Fraktion nicht weit genug. Sie bezeichnet auch die Fünf-Jahres-Frist als „Turbo-Einbürgerung“ und fordert eine Rückkehr zu acht Jahren oder mehr.
Grüne: Lehnen die Abschaffung ab. Sie argumentieren, dass die Drei-Jahres-Regel gut integrierte Menschen belohne und zugleich beim Fachkräftemangel helfe.
Linke: Ebenfalls dagegen. Zusätzlich hatte die Partei beantragt, Einbürgerungen unabhängig vom Einkommen zu ermöglichen, um Menschen mit Behinderungen, chronischen Erkrankungen oder älteren Personen den Zugang zum deutschen Pass zu erleichtern. Dieser Antrag wurde im Innenausschuss abgelehnt und dürfte auch im Bundestag keine Mehrheit finden.
Im Innenausschuss stimmten CDU/CSU, SPD und AfD gemeinsam für die Abschaffung der Turbo-Einbürgerung, während Grüne und Linke dagegen votierten.
Was bedeutet das für Antragsteller:innen?
Bis zum Inkrafttreten gilt die aktuelle Rechtslage: Wer die strengen Voraussetzungen erfüllt, kann noch nach drei Jahren einen Antrag stellen. Doch sobald das neue Gesetz beschlossen und verkündet ist, fällt diese Möglichkeit weg.
Das Problem: Der Gesetzentwurf enthält keine Übergangsregelung. Das heißt, laufende Anträge, die bis dahin noch nicht entschieden sind, könnten nach neuem Recht beurteilt werden – und müssten dann die Fünf-Jahres-Voraussetzung erfüllen.
Für Betroffene entsteht dadurch Rechtsunsicherheit. Zwar gibt es im Verwaltungsrecht den Grundsatz des Vertrauensschutzes, doch ob Gerichte diesen in solchen Fällen anerkennen, ist unwahrscheinlich. Wer also aktuell plant, nach drei Jahren einen Antrag zu stellen, sollte dies möglichst bald tun und sich im Zweifel rechtlich beraten lassen.
Wann tritt das neue Gesetz in Kraft?
Der Bundestag wird den Entwurf am 8. Oktober 2025 (Stand: 29. September) in zweiter und dritter Lesung beraten. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse gilt es als sehr wahrscheinlich, dass der Entwurf angenommen wird – mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und AfD.
Das Gesetz soll am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten. Ein genaues Datum hängt also davon ab, wann es nach der Entscheidung veröffentlicht wird. Das kann mehrere Tage bis hin zu Wochen dauern.
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Fazit
Die Turbo-Einbürgerung war ein zentrales Projekt der Ampelregierung, doch nach nur einem Jahr steht sie wieder vor dem Ende. Für gut integrierte Migrant:innen bedeutet das einen Rückschritt: Der Weg zum deutschen Pass dauert künftig wieder mindestens fünf Jahre.
Die endgültige Entscheidung fällt (laut aktuellem Stand) am 8. Oktober im Bundestag.