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Das Bild zeigt einen Mann in Handschellen. Ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt: Festnahmen im Rahmen der Abschiebungshaft dürfen nur mit richterlichem Beschluss vorgenommen werden.

Gericht stellt klar: Wann Behörden Migranten in Abschiebehaft nehmen dürfen – und wann nicht

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe hat vor wenigen Tagen ein wichtiges Urteil gefällt: Behörden dürfen Menschen, die abgeschoben werden sollen, nur dann in Abschiebehaft nehmen, wenn ein Gericht vorher zugestimmt hat. Das gilt selbst dann, wenn die Festnahme am Wochenende oder nach Dienstschluss des Gerichts erfolgt.
Verfasst von:
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Expertin für Ausländerrecht

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Nur in absoluten Ausnahmefällen, etwa bei einer unmittelbaren Fluchtgefahr, darf eine Festnahme auch ohne richterlichen Beschluss stattfinden. In solchen Fällen muss die richterliche Entscheidung aber so schnell wie möglich nachgeholt werden.

Drei Migrant:innen klagen gegen Abschiebehaft

Dem Urteil liegen drei Fälle zugrunde, in denen Ausländerbehörden Migrant:innen festgenommen haben, obwohl noch kein Gericht über die Abschiebungshaft entschieden hatte.

Im ersten Fall ging es um eine slowakische Staatsbürgerin. Die Ausländerbehörde hatte ihre Abschiebung bereits Tage im Voraus vorbereitet und auch rechtzeitig einen Antrag auf Haft beim Gericht gestellt. Dennoch wurde die Frau festgenommen, ohne dass ein richterlicher Beschluss vorlag. Erst nachdem sie in Gewahrsam war, ordnete ein Richter die Abschiebungshaft an. Die Abschiebung erfolgte später.

Im zweiten Fall betraf es einen Mann aus Eritrea, der nach der Dublin-Verordnung nach Italien überstellt werden sollte. Nach mehreren gescheiterten Überstellungsversuchen wurde er an einem Freitag festgenommen. Erst am folgenden Tag wurde eine richterliche Entscheidung eingeholt. Zur Begründung hieß es später, dass am Freitag nachmittags keine richterliche Entscheidung mehr möglich gewesen sei, weil die Festnahme nach Dienstschluss erfolgt sei.

Im dritten Fall ging es ebenfalls um eine eritreische Staatsangehörige. Auch bei ihr war die Abschiebung zuvor geplant worden. Die Frau wurde festgenommen und anschließend direkt zum Gericht gebracht, wo die Richterin nachträglich die Abschiebungshaft anordnete. Die Behörde argumentierte später, es habe sich lediglich um eine Vorführung gehandelt und nicht um einen tatsächlichen Freiheitsentzug.

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So urteilte das Gericht: Wann ist Festnahme vor Abschiebung erlaubt?

Gegen das Vorgehen der Behörden legten die Personen Klage ein. Die Fälle landeten schließlich vor dem BVerfG in Karlsruhe. Dort urteilten die Richter:innen: In allen drei Fällen lag ein Freiheitsentzug vor, der nur mit vorheriger richterlicher Entscheidung zulässig gewesen wäre.

Hinweise auf organisatorische Gründe – wie etwa, dass auf Grund von Wochenende kein Richter erreichbar war – gelten nicht. Gerichte haben keine festen Öffnungszeiten, und Behörden müssen nachweisen, dass sie alles versucht haben, um eine Entscheidung schnellstmöglich ein- bzw. nachzuholen.

Das BVerfG macht damit deutlich: Der Freiheitsentzug ist ein schwerer Eingriff in die Grundrechte und darf nicht „vorsorglich“ durchgeführt werden. Bevor eine Festnahme durchgeführt werden darf, muss eine richterliche Entscheidung erfolgen. Das Urteil gilt als wichtiges Signal an Ausländerbehörden und Gerichte

Was ist Abschiebungshaft und welche Rechte gelten?

Abschiebungshaft ist eine Maßnahme nach § 62 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Sie wird angewendet, wenn Personen ausreisepflichtig sind und die Behörden befürchten, dass sie sich der Ausreise entziehen könnten. Es geht dabei nicht um eine Strafe, sondern darum, sicherzustellen, dass eine geplante Abschiebung durchgeführt werden kann.

Es gibt zwei zentrale Formen: die Vorbereitungshaft (max. sechs Wochen, z. B. zur Klärung der Identität oder für Reisevorbereitungen) und die Sicherungshaft (bis zu sechs Monate, bei Fluchtgefahr, Einreiseverbot oder wenn ein vorübergehendes Abschiebungshindernis im Herkunftsland besteht). In besonderen Ausnahmefällen kann die Sicherungshaft auf insgesamt maximal 18 Monate verlängert werden.

Minderjährige und Familien mit minderjährigen Kindern werden grundsätzlich nicht in Abschiebungshaft genommen. Außerdem gilt: Haft darf nur angeordnet werden, wenn mildere Mittel nicht ausreichen, etwa Meldepflichten oder die Abgabe des Reisepasses. Besteht kein Abschiebungsziel oder keine realistische Aussicht auf Durchführung der Abschiebung, ist die Haft unzulässig.

Betroffene Personen haben unter anderem Anspruch auf:

  • Richterliche Entscheidung und regelmäßige Überprüfung der Haft
  • Rechtsbeistand, also anwaltliche Beratung und Unterstützung
  • Kontakt zu Familie und Beratungsstellen
  • Schutz besonderer Gruppen, etwa Minderjähriger, Familien oder Personen mit schweren gesundheitlichen Problemen
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Bundesregierung diskutiert über unbefristete Abschiebungshaft

Das Urteil aus Karlsruhe kommt zu einem Zeitpunkt, in dem die Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) ihre Rückführungs- und Abschiebepolitik verschärft. Geplant sind unter anderem schnellere Verfahren, regelmäßige Abschiebungen bei abgelehnten Asylanträgen sowie erweiterte Möglichkeiten für Behörden, Abschiebehaft anzuordnen.

Parallel dazu wird diskutiert, die Abschiebehaft für bestimmte Gruppen zu verlängern. Dabei geht es vor allem um Personen, die von Behörden als Sicherheitsrisiko eingestuft werden.

Auch auf EU-Ebene laufen derzeit Gespräche zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Die EU-Kommission prüft, die bisherige Höchstdauer der Abschiebungshaft von 24 Monaten zu verlängern. In Ausnahmefällen sollen sogar unbefristete Haftzeiten möglich sein. Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat angekündigt, solche Regelungen ebenfalls in Deutschland einführen zu wollen.

Der Vorschlag sorgt jedoch für deutliche Kritik. Fachleute weisen darauf hin, dass eine unbefristete Abschiebehaft ohne realistische Aussicht auf eine tatsächliche Rückführung verfassungswidrig ist. Zum jetzigen Zeitpunkt liegt noch kein konkreter Gesetzentwurf für diese Pläne vor.

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Was bedeutet das Urteil für Betroffene in Deutschland?

Für Menschen, die von einer Abschiebung betroffen sind, ist das Urteil wichtig. Es unterstreicht noch einmal:

  • Festnahmen ohne vorherige richterliche Anordnung sind grundsätzlich nicht erlaubt.
  • Wenn doch festgenommen wird, dann darf die richterliche Entscheidung nur in Ausnahmefällen später erfolgen.
  • Behörden dürfen sich nicht auf organisatorische Gründe („Richter nicht erreichbar“) berufen bzw. müssen nachweisen, dass alles versucht wurde, um einen Richter zu erreichen.
  • Betroffene können sich gegen rechtswidrige Festnahmen wehren und Beschwerde einlegen.

Fazit

Das BVerfG stärkt die Grundrechte von Migrantinnen und Migranten in Abschiebeverfahren. Auch bei einer strengeren Abschiebepolitik müssen Behörden sich strikt an das Grundgesetz halten. Jeder Freiheitsentzug braucht richterliche Kontrolle. Wenn es doch zu einer Festnahme (ohne vorherigen richterlichen Beschluss) kommt, gibt es gute Chancen, sich dagegen erfolgreich zu wehren.

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