Warum schafft die EU das neue Asylgesetz?
Das erklärte Ziel der Reform ist es, die Zahl der Ankünfte schutzsuchender Personen in der EU zu senken, Asylverfahren vermehrt an den sogenannten EU-Außengrenzen durchzuführen und die Mobilität von Schutzsuchenden innerhalb der EU einzuschränken.
Gleichzeitig soll das System besser auf Krisen wie Kriege, Pandemien oder gesteuerte Migration reagieren können.
Asyl in der EU: Was sind die zentralen Punkte der Reform?
Die Reform umfasst insgesamt zehn Gesetze, die das bestehende System überarbeiten und ergänzen.
Aber was ändert sich für Asylsuchende? Hier die wichtigsten Punkte:
Schnelle Asylverfahren an den EU-Außengrenzen
Das neue Gesetz soll die EU-Außengrenzen stärken: Schutzsuchende sollen dort systematisch registriert und geprüft werden – inklusive biometrischer, gesundheitlicher und sicherheitsrelevanter Daten. Dieses verpflichtende Screening soll höchstens sieben Tage dauern.
Danach folgt ein zusätzliches, verpflichtendes Grenzverfahren. Das ist ein beschleunigtes Asylverfahren, das innerhalb von zwölf Wochen abgeschlossen werden soll. Es gilt vor allem für Antragsteller aus Staaten mit einer EU-weiten Schutzquote unter 20 Prozent sowie für Personen, die als Sicherheitsrisiko eingestuft werden oder denen Täuschung vorgeworfen wird.
Menschenrechtsorganisationen kritisieren diese neue Regelung allerdings. Da das Asylverfahren an der Grenze stattfindet, gehen die Behörden davon aus, dass der Asylsuchende die EU formal noch nicht betreten hat.
Die Verfahren finden in speziellen Asylzentren statt. Das erschwert den Zugang zu Rechtsberatung und Anwält:innen. Asylsuchende können Entscheidungen der Behörden also nur eingeschränkt gerichtlich überprüfen lassen oder dagegen Einspruch erheben.
Wird ein Asylantrag abgelehnt, sollen die Antragsteller dann im Rahmen eines Rückkehrverfahrens, welches ebenfalls an der Außengrenze stattfindet, in ihre Herkunftsländer oder einen sicheren Drittstaat zurückgeführt werden.
Lockerung bei der Einstufung sicherer Drittstaaten
Asylgesuche können abgelehnt werden, wenn die Schutzsuchenden zuvor in einem sogenannten „sicheren Drittstaat“ waren. Die Anforderungen an solche Staaten werden mit der Reform gesenkt.
Es reicht künftig aus, wenn in einem Land grundlegende Rechtsstandards eingehalten werden, auch wenn die Genfer Flüchtlingskonvention nicht vollständig angewendet wird. Zudem genügt es künftig auch, wenn nur Teile eines Landes als sicher eingestuft wurden.
Bisher verlangt das EU-Recht eine eindeutige Verbindung zwischen dem Asylbewerber und dem Drittstaat, in den er zurückgeführt werden soll – etwa durch Aufenthalt oder familiäre Bindungen. Aktuell wird aber auf EU-Ebene diskutiert, diese Regelung abzuschaffen.
Künftig könnte ein EU-Mitgliedstaat Asylsuchende auch in Länder abschieben, die sie nur auf der Flucht durchquert haben oder mit denen Abkommen bestehen – unabhängig davon, ob die Person je einen Fuß dort gesetzt hat oder eine persönliche Verbindung nachweisen kann.
Das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten müssen dem Vorschlag allerdings erst noch zustimmen.
Mehr sichere Herkunftsländer und Rückführungen
Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, sieben Länder –Kosovo, Bangladesch, Kolumbien, Ägypten, Indien, Marokko und Tunesien – als „sichere Herkunftsländer“ einzustufen. Menschen aus als sicher eingestuften Ländern haben pauschal keinen Anspruch auf Schutz in der EU. Ihre Asylanträge können schneller geprüft und abgelehnt werden.
Ein weiterer wichtiger Teil der Reform ist die verstärkte Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern. Die Kommission plant, EU-weit die gegenseitige Anerkennung von Abschiebungen einzuführen, sodass ein Abschiebebescheid eines Mitgliedstaates auch in anderen Staaten gilt. Dies soll verhindern, dass Personen durch Umzüge innerhalb der EU der Abschiebung entgehen.
Ferner sollen Abschiebehaft und Einreisesperren EU-weit leichter und einheitlicher verhängt und verlängert werden können, insbesondere bei Personen, die als Sicherheitsrisiko eingestuft werden.
Änderungen bei der Dublin-Verordnung
Die bisherige Dublin-Verordnung wird durch eine neue Richtlinie erweitert. Das Prinzip, dass der Mitgliedstaat der ersten Einreise für das Asylverfahren des Schutzsuchenden zuständig ist, bleibt bestehen. Diese Regelung soll zukünftig aber noch deutlicher umgesetzt werden.
Um die Länder an den EU-Außengrenzen zu entlasten, sollen sich zukünftig alle Mitgliedstaaten—abhängig von Bevölkerungsgröße und Wirtschaftskraft—an der Aufnahme anerkannter Flüchtlinge beteiligen oder finanzielle bzw. materielle Beiträge leisten. Zunächst ist eine Umverteilung von 30.000 Personen vorgesehen.
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Nutzung neuer Instrumente zur Prüfung der Identität
Um die Identität eines Asylsuchenden zu prüfen, sollen Behörden künftig leichter auf persönliche Daten zugreifen können. Dazu gehören die Beschlagnahme von Ausweisdokumenten und das Auslesen von Smartphones.
Dies wird von Menschenrechtsorganisationen als Eingriff in die Privatsphäre und mögliche Verletzung von Grundrechten kritisiert.
Abschiebezentren außerhalb der EU
Erstmals soll die EU-Kommission eine rechtliche Grundlage schaffen, damit Mitgliedstaaten abgelehnte Asylbewerber in Abschiebezentren außerhalb der EU unterbringen können, wenn eine Rückkehrentscheidung endgültig ist.
Bisher wurden Asylsuchende ausschließlich entweder in ihre Herkunftsländer oder in Drittstaaten zurückgeführt. Diese Drittstaaten verweigern häufig jedoch eine Aufnahme der Asylsuchenden. Mit den sogenannten Abschiebezentren will die EU eine weitere Möglichkeit schaffen.
Ob der Aufenthalt im Abschiebezentrum kurz- oder längerfristig angelegt ist, ist derzeit offen. Allerdings sind die EU-Staaten aufgefordert, bessere Rückführungsabkommen mit Drittstaaten zu schaffen.
Fazit: Wann tritt das neue Gesetz in Kraft?
Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) ist bereits 2024 beschlossen und am 11. Juni desselben Jahres in Kraft getreten. Aktuell befinden sich die EU-Staaten bei der Umsetzung der neuen Richtlinien in einer Übergangsphase. Sie müssen die in der Reform enthaltenen Richtlinien und Verordnungen bis zum Sommer 2026 umsetzen.
Einige Richtlinien – wie die Rückführung in Drittstaaten, zu denen die Asylsuchenden nur eine geringe Verbindung haben – müssen zunächst noch vom EU-Parlament und den Mitgliedstaaten bestätigt werden.