Was ist die Turbo-Einbürgerung?
Die Turbo-Einbürgerung ist eine Sonderregelung im Staatsangehörigkeitsrecht. Sie ermöglicht es besonders gut integrierten Personen, deutlich schneller den deutschen Pass zu erhalten als über die regulären Fristen.
Bis Juni 2024 war eine Einbürgerung nach acht Jahren Aufenthalt in Deutschland möglich. Seit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts ist sie nach fünf Jahren möglich. Zusätzlich können bestimmte Antragsteller:innen mit der Turbo-Einbürgerung nach drei Jahren den deutschen Pass erhalten.
Die Einbürgerung öffnet die Tür für viele Vorteile für Ausländer, die in Deutschland leben und arbeiten. Entdecken Sie, welche Rechte mit einer deutschen Staatsbürgerschaft und einem deutschen Pass auf einen warten und warum die Einbürgerung in Deutschland so wertvoll ist. Dieser Blogartikel...
Welche Voraussetzungen gelten für die Turbo-Einbürgerung?
Wie bei der Einbürgerung nach fünf Jahren, müssen Antragsteller:innen für die Turbo-Einbürgerung gewisse Voraussetzungen erfüllen, um nach drei Jahren den deutschen Pass zu erhalten. Diese sind sehr viel strenger als jene für die reguläre Einbürgerung.
- Sprachkenntnisse, mindestens auf dem C1-Niveau
- besondere Integrationsleistungen, bspw. überdurchschnittliche Leistungen in Beruf oder Studium oder ehrenamtliches Engagement
- mindestens drei Jahre Aufenthalt in Deutschland
Zusätzlich gelten alle Voraussetzungen wie für die reguläre Einbürgerung:
- gesicherter Lebensunterhalt ohne Sozialleistungen
- keine schweren Straftaten
- Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung
- rechtmäßiger, für die Einbürgerung freigegebener Aufenthaltstitel
- ein bestandener Integrationstest (“Leben in Deutschland”-Test)
- gültige Nachweise zur Identität und Staatsangehörigkeit
Seit wann gibt es die Turbo-Einbürgerung?
Die Turbo-Einbürgerung ist Teil der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts. Der entsprechende Gesetzentwurf wurde erstmals am 30. November 2023 im Bundestag beraten. Eingebracht hatte ihn die damalige Bundesregierung (SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP) unter Federführung von Innenministerin Nancy Faeser (SPD).
Die Regelung war ein zentrales Vorhaben der Ampelkoalition. Im Koalitionsvertrag kündigte die Regierung an, ein „modernes Staatsangehörigkeitsrecht“ zu schaffen, Mehrfachstaatsangehörigkeit zu ermöglichen und den Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft zu vereinfachen.
Nach mehreren intensiven Debatten beschloss der Bundestag die Reform am 19. Januar 2024. Damit wurden die Regeln für die Einbürgerung spürbar gelockert.
Warum wurde das Staatsangehörigkeitsrecht reformiert?
Die damalige Bundesregierung begründete die Reform mit verschiedenen Argumenten.
Integration sichtbar belohnen
Menschen, die sich besonders gut in Deutschland einbringen, sollten für ihre Leistungen anerkannt werden, so die damalige Bundesregierung. Die Turbo-Einbürgerung sollte zeigen: Wer sich aktiv integriert, wird schneller Teil der Gesellschaft.
Deutschland als attraktives Ziel für Migrant:innen
Eine schnellere Einbürgerung sollte Deutschland attraktiver für qualifizierte Fachkräfte machen. Die Reform zielte darauf ab, den Standort Deutschland für engagierte Migrant:innen und Fachkräfte offensiver zu öffnen.
Doppelte Staatsbürgerschaft
Die Turbo-Einbürgerung ging Hand in Hand mit der Lockerung der Mehrstaatigkeit: Wer sich einbürgern ließ, musste nicht mehr automatisch seine ursprüngliche Staatsbürgerschaft aufgeben. Ziel war, die Hürden für die Einbürgerung zu verringern.
Wann trat die Turbo-Einbürgerung in Kraft?
Die Turbo-Einbürgerung trat mit dem Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts am 27. Juni 2024 in Kraft. An diesem Tag wurden alle neuen Regelungen wirksam, unter anderem eben auch die Möglichkeit einer Einbürgerung nach drei Jahren bei besonderen Integrationsleistungen und die doppelte Staatsbürgerschaft.
Wie viele Einbürgerungen nach der Drei-Jahres-Regel gab es seither?
Im Jahr 2024 erreichte die Zahl der Einbürgerungen in Deutschland ein Rekordhoch: 291.955 Personen erhielten den deutschen Pass – ein Anstieg von 46 % im Vergleich zum Vorjahr und der höchste Wert seit Beginn der Erhebung im Jahr 2000. Dennoch wurde die Möglichkeit zur Turbo-Einbürgerung noch vergleichsweise selten genutzt.
In Berlin erhielten in den vergangenen 15 Monaten beispielsweise 573 Personen die Staatsbürgerschaft nach der Drei-Jahres-Regel. Damit ist die Hauptstadt klarer Spitzenreiter.
In den anderen Bundesländern fielen die Zahlen (soweit bekannt) deutlich niedriger aus:
- Bayern: 78 Personen bis Ende April 2025
- Baden-Württemberg: 16 Fälle im Jahr 2024, für 2025 liegen noch keine Zahlen vor
- Rheinland-Pfalz: 20 Fälle
- Hessen und Niedersachsen: jeweils 4 Fälle
- Hamburg: 5 Fälle
- Brandenburg: 1 Fall
- Bremen: keine Fälle
- Thüringen: weniger als 3 Fälle
- Sachsen und Sachsen-Anhalt: nur vereinzelte Fälle, keine konkreten Zahlen bekannt
Warum soll die Turbo-Einbürgerung wieder abgeschafft werden?
Mit dem Regierungswechsel nach der Bundestagswahl im Februar 2025 änderte sich auch die politische Ausrichtung in Fragen Migration und Einbürgerung. Die CDU/CSU – nach der Wahl stärkste Partei – zählt zu den schärfsten Kritikern der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, insbesondere der Turbo-Einbürgerung. Die Union kritisierte, dass die Staatsbürgerschaft dadurch zu schnell vergeben werde, und forderte eine Rückkehr zu strengeren Einbürgerungskriterien.
Im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD einigten sich die neuen Regierungsparteien schließlich darauf, die Turbo-Einbürgerung zu streichen. Die Einbürgerung nach fünf Jahren und die Doppelte Staatsbürgerschaft bleiben erhalten.
Der Gesetzentwurf zur Abschaffung der Turbo-Einbürgerung wurde erstmals am 27. Juni 2025 in den Bundestag eingebracht – genau ein Jahr nach Inkrafttreten der Regelung. Darin begründet die Bundesregierung die Änderung damit, dass drei Jahre nicht ausreichen, um eine nachhaltige Integration in die deutsche Gesellschaft zu garantieren.
Wann tritt das neue Gesetz in Kraft?
Das ist bislang ungewiss. Nach der ersten Beratung im Bundestag befindet sich der Entwurf derzeit im Innenausschuss. Eine weitere Beratung im Bundestag wird in den kommenden Wochen erwartet. Ein genaues Datum ist bisher aber nicht bekannt.
Im Rahmen der nächsten Beratung könnte es zu einer Entscheidung kommen. Um das Gesetz zu beschließen, braucht es eine einfache Mehrheit. Diese liegt vor, wenn unter den anwesenden Abgeordneten mehr Ja-Stimmen als Nein-Stimmen abgegeben werden. Enthaltungen und ungültige Stimmen werden nicht gezählt.
Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass das Gesetz eine Mehrheit erhalten wird. Sowohl die CDU/CSU und SPD als auch die AfD dürften für das Gesetz stimmen. Die Grünen und Linken dagegen.
Laut Gesetzentwurf tritt das Gesetz am Tag nach der Verkündung in Kraft. Das heißt: am Tag, nachdem es im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde.
Was passiert mit laufenden Anträgen, wenn sich das Gesetz ändert?
Die geplante Abschaffung der Turbo-Einbürgerung sorgt bei vielen Einbürgerungswilligen für Unsicherheit. Besonders brisant ist die Frage: Werden laufende Verfahren noch nach der alten Regelung entschieden – oder nach dem neuen Recht?
Grundsätzlich gilt: Solange das neue Gesetz nicht rechtskräftig ist, gilt die aktuelle Regelung. Anträge auf Turbo-Einbürgerung können weiterhin gestellt werden, bereits eingereichte Anträge werden (aktuell noch) nach der Drei-Jahres-Regel geprüft.
Wie es nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes weitergeht, hängt von einer möglichen Übergangsregelung ab. Diese könnte zum Beispiel vorsehen, dass Anträge, die vor Inkrafttreten gestellt wurden, weiterhin nach der Drei-Jahres-Regelung bearbeitet werden.
Gibt es keine Übergangsregelung, würden hingegen alle noch nicht entschiedenen Anträge abgelehnt werden, sofern der Antragsteller weniger als fünf Jahre in Deutschland lebt.
In der aktuellen Fassung des Gesetzes ist keine Übergangsregelung vorgesehen. Allerdings forderten Vertreter:innen von Grünen und SPD in der ersten Debatte, eine solche Regelung einzuführen. Ob und in welcher Form sie kommt, wird sich in den kommenden Wochen zeigen.
Was können Betroffene tun, wenn die Turbo-Einbürgerung aufgrund des neuen Gesetzes abgelehnt wird?
Juristisch spielt hier der Vertrauensschutz eine Rolle. Antragsteller:innen dürfen grundsätzlich darauf vertrauen, dass bestehende Rechtslagen, auf die sie sich verlassen haben, nicht nachträglich verschärft werden.
Für laufende Anträge bedeutet das: Wer seinen Antrag nach der Drei-Jahres- Regelung gestellt hat, kann argumentieren, dass für ihn weiterhin die bisherige Rechtslage gelten sollte. Entscheidend sind dabei folgende Faktoren:
- Zeitpunkt der Antragstellung
- Wissen über geplante Gesetzesänderungen
- Ob das Gesetz eine Übergangsregelung vorsieht
- Verhalten der Behörde, zum Beispiel, ob der Antrag bisher zügig bearbeitet wurde
Wenn ein Antrag nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes abgelehnt wird, können Betroffene grundsätzlich gerichtlich dagegen vorgehen. Die Verwaltungsgerichte prüfen dann, ob die neue Regelung auf das laufende Verfahren angewendet werden darf oder nicht.
Betroffene können also Widerspruch einlegen oder Klage erheben und dabei auf den Zeitpunkt der Antragstellung und ihr berechtigtes Vertrauen in die alte Regelung hinweisen. Die Erfolgsaussichten hängen jedoch sehr stark von den individuellen Umständen (also Zeitpunkt der Antragstellung, Wissen über Gesetzesänderungen etc.) ab und sind immer Einzelfallentscheidungen.
Kurz gesagt: Auch mit der Abschaffung der Turbo-Einbürgerung besteht für laufende Verfahren grundsätzlich die Chance, dass die alte Regelung (im Einzelfall!) weiterhin angewendet wird – das Recht auf gerichtliche Überprüfung bleibt bestehen. In den meisten Fällen dürften die Chancen auf Erfolg jedoch sehr gering sein.