Ziel ist es, Grenzkontrollen sicherer und effizienter zu machen, Überziehungen der erlaubten Aufenthaltsdauer besser zu erkennen und Identitätsbetrug zu erschweren. Was sollten Reisende aus Drittstaaten jetzt wissen?
Was ist das Einreise- und Ausreisesystem?
Das EES (Entry/Exit System) ist ein neues EU-weites System, das Ein- und Ausreisen von Drittstaatsangehörigen an den Grenzen des Schengen-Raums digital erfasst. Bei jeder Grenzüberquerung werden künftig
- persönliche Dokumente und Reisedokumentdaten (Name, Geburtsdatum, Passnummer),
- biometrische Daten (Gesichtsfoto und Fingerabdrücke) sowie
- Datum und Ort der Ein- und Ausreise gespeichert.
Auch wenn die Einreise in der Vergangenheit verweigert wurde, wird dies digital gespeichert. Die Daten fließen in eine zentrale EU-Datenbank, die von der Agentur eu-LISA betrieben wird.
Wer ist betroffen – und wer nicht?
Betroffen sind alle Reisenden aus Drittstaaten, die nicht die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaats oder eines anderen Schengen-Staates (Island, Norwegen, Liechtenstein, Schweiz) besitzen und sich für Kurzaufenthalte – bis zu 90 Tage innerhalb von 180 Tagen – im Schengen-Raum aufhalten. Dazu gehören sowohl visumfreie Besucher aus Ländern wie Großbritannien, den USA oder Japan als auch Personen, die ein Schengen-Visum benötigen, etwa aus der Türkei.
Nicht betroffen sind:
- EU-Bürgerinnen und -Bürger
- Inhaber:innen eines unbefristeten Aufenthaltstitels (z. B. Niederlassungserlaubnis, Daueraufenthalt-EU). Diese Personen gelten nicht als Kurzaufenthalter:innen und fallen daher nicht unter das EES.
- Familienangehörige von EU-Bürger:innen, die selbst keine EU-Staatsangehörigkeit aber eine „Aufenthaltskarte für Familienangehörige eines Unionsbürgers“ oder eine „Daueraufenthaltskarte“ nach der Freizügigkeitsrichtlinie (2004/38/EG) besitzen. Diese Karten müssen beim Grenzübertritt zusammen mit dem Reisepass vorgelegt werden.
- Drittstaatsangehörige mit nationalem Visum oder befristeten Aufenthaltstiteln (z. B. für Studium, Arbeit, Familiennachzug oder Au-pair-Tätigkeit). Auch sie sind nicht Teil des EES, da ihr Aufenthalt längerfristig und an das Visum gebunden ist.
- Personen mit diplomatischen oder dienstlichen Pässen oder Angehörige internationaler Organisationen können je nach bilateraler Regelung ebenfalls von der Registrierung befreit sein.
Wichtig: Das EES gilt ausschließlich für Kurzaufenthalte bis zu 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen im Schengen-Raum. Wer sich also dauerhaft in Deutschland aufhält oder mit einem nationalen Aufenthaltstitel reist, ist davon nicht betroffen.
Reisende, deren rechtlicher Status unklar ist – etwa Familienmitglieder, die außerhalb der EU leben und zu Besuch kommen möchten – sollten sich vor der Reise genau informieren, ob für sie eine EES-Registrierung notwendig ist. Zuständige Stellen sind in der Regel:
- die deutsche Auslandsvertretung (Botschaft oder Konsulat),
- die Bundespolizei (zuständig für Grenzkontrollen), oder
- die Fluggesellschaften, die über die Einreisebestimmungen informieren.
Dadurch lässt sich vermeiden, dass es bei der Einreise zu Verzögerungen oder Problemen kommt.
Wie läuft die Grenzkontrolle künftig ab?
Beim ersten Grenzübertritt müssen Reisende ihren Reisepass scannen, Fingerabdrücke und ein Gesichtsfoto abgeben. Diese Daten werden zusammen mit persönlichen Angaben – Name, Geburtsdatum, Passnummer, Einreiseort und -zeit – in einer EU-weiten Datenbank gespeichert.
Um Wartezeiten zu verringern, können einige Informationen bereits vor der Einreise über eine App oder an Selbstbedienungsschaltern übermittelt werden. Bei späteren Reisen genügt die Gesichtserkennung, da die biometrischen Daten bereits hinterlegt sind.
Die gespeicherten Informationen sollen Behörden wie der Polizei oder Europol helfen, Verstöße gegen Aufenthaltsregeln schneller zu erkennen. Wer sich weigert, die erforderlichen Daten zu erfassen, dem kann die Einreise verwehrt werden.
Reisende können Wartezeiten vermeiden, indem sie:
- bereits vor der Reise prüfen, ob SB-Terminals oder Apps für die Datenerfassung verfügbar sind,
- alle Reisedokumente gut lesbar und gültig mitführen (insbesondere Pässe mit einem biometrischen Chip),
- ausreichend Zeit für die Einreise einplanen.
Einführung in mehreren Schritten
In Deutschland wird das System zuerst am Flughafen Düsseldorf in Betrieb genommen. Danach folgen die Flughäfen Frankfurt am Main und München. Anschließend werden alle weiteren Flughäfen und Seeaußengrenzen angeschlossen. Auch Zugreisende ohne EU-Pass, beispielsweise auf der Strecke London–Paris oder London–Brüssel, können künftig betroffen sein.
Die EU-Kommission hat den Zeitraum der Einführung auf den 12. Oktober 2025 bis 9. April 2026 festgelegt. Danach soll das System an sämtlichen Übergangsstellen der 29 beteiligten Länder voll funktionsfähig sein. Bis dahin werden Passstempel noch parallel verwendet, um mögliche technische Störungen abzufangen.
Warum führt die EU das System ein?
Nach Angaben der EU-Kommission soll das EES dazu beitragen, Identitätsbetrug zu verhindern, irreguläre Migration einzudämmen und Überschreitungen der erlaubten Aufenthaltszeit besser zu erfassen. Durch die zentrale Datenerfassung sollen die Behörden künftig in Echtzeit nachvollziehen können, wer den Schengen-Raum betritt und verlässt.
„Das Ein- und Ausreisesystem ist das digitale Rückgrat unseres neuen gemeinsamen europäischen Migrations- und Asylrahmens“, erklärte EU-Kommissar für Inneres und Migration Magnus Brunner. Das System ermögliche eine moderne und verlässliche Verwaltung der Außengrenzen.
Bedeutung für Migrantinnen und Migranten in Deutschland
Das neue EU-Ein- und Ausreisesystem betrifft vor allem Menschen aus Drittstaaten, die kurzzeitig in den Schengen-Raum reisen – also zum Beispiel Familienangehörige, die aus Nicht-EU-Ländern nach Deutschland kommen, um Verwandte zu besuchen.
Für Menschen, die bereits hier leben und einen gültigen Aufenthaltstitel besitzen, ändert sich kaum etwas. Für ihre Verwandten im Ausland dagegen schon.
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Familienbesuche und Kurzaufenthalte
Wer Angehörige aus Nicht-EU-Ländern zu Besuch erwartet, sollte sie darauf hinweisen, dass sich das Einreiseverfahren ab Oktober 2025 ändert. Alle Reisenden ohne EU-Staatsangehörigkeit – unabhängig davon, ob sie ein Visum benötigen oder visumfrei einreisen dürfen – müssen künftig bei der Einreise biometrische Daten (Fingerabdrücke und Gesichtsfoto) abgeben und werden im EES-System registriert.
Das System zählt automatisch mit, wie lange sich Besucher:innen innerhalb des erlaubten 90 Tage pro 180-Tage-Zeitraums im Schengen-Gebiet aufhalten. Wer diese Frist überschreitet, wird künftig schneller erkannt. Für Familien, die häufig zwischen Deutschland und dem Herkunftsland pendeln, ist es deshalb besonders wichtig, die Aufenthaltsdauer genau im Blick zu behalten.
Inhaber:innen von Aufenthaltstiteln
Wer bereits in Deutschland oder einem anderen EU-Land lebt und einen gültigen Aufenthaltstitel besitzt (z. B.Blaue Karte EU, Niederlassungserlaubnis oder Daueraufenthalt-EU), fällt nicht unter das EES-System. Diese Personen gelten als Langzeitaufenthaltsberechtigte, nicht als Kurzaufenthalter:innen, und müssen sich daher an den Grenzen nicht biometrisch registrieren lassen.
Allerdings gilt das nicht automatisch für alle Familienmitglieder:
- Ehepartner, Eltern oder volljährige Kinder, die außerhalb der EU leben und regelmäßig zu Besuch kommen, sind in der Regel EES-pflichtig.
- Familienangehörige von EU-Bürger:innen mit einer speziellen Aufenthaltskarte für Familienangehörige eines Unionsbürgers sind von der EES-Registrierung befreit – wichtig ist aber, dass die Karte beim Grenzübertritt mitgeführt und vorgezeigt wird.
Deshalb empfiehlt es sich, vor jeder Reise die individuellen Voraussetzungen zu prüfen – am besten bei der deutschen Auslandsvertretung oder direkt bei der Bundespolizei.
Datenschutz und Kritik
Während die EU das EES als wichtigen Schritt für mehr Sicherheit bezeichnet, äußern Datenschützer und Menschenrechtsorganisationen Bedenken. Sie warnen vor der zentralen Speicherung sensibler biometrischer Daten und möglichen Risiken für das Recht auf Privatsphäre.
Laut EU-Kommission sollen die Daten nur für die Dauer von drei Jahren (in Ausnahmen bis zu fünf Jahre) gespeichert und ausschließlich von autorisierten Behörden genutzt werden. Alle Datensätze sollen gemäß Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verarbeitet und verschlüsselt gespeichert werden.
Nächster Schritt: ETIAS ab 2026
Im nächsten Schritt wird Ende 2026 das ETIAS-System (European Travel Information and Authorisation System) eingeführt. Das ist eine gebührenpflichtige Reisegenehmigung für visumfreie Drittstaatsangehörige.
Dann müssen Reisende aus über 50 visumfreien Ländern – darunter die USA, Kanada, Großbritannien, Brasilien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Israel und Südkorea – vor ihrer Einreise eine kostenpflichtige elektronische Reisegenehmigung beantragen.
Zum Vergleich: Diese Genehmigung ähnelt dem US-System ESTA oder dem britischen ETA.
