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Veröffentlicht:

21. August 2025

Heimatreise mit Schutzstatus: § 47b AufenthG – Anzeigepflicht, Risiken und Ausnahmen erklärt

Seit Oktober 2024 gilt in Deutschland eine neue Vorschrift: § 47b AufenthG. Wenn Sie einen Schutzstatus besitzen, stellen Sie sich vielleicht die Frage: Darf ich noch in mein Heimatland reisen? Und wenn ja – unter welchen Bedingungen? In diesem Beitrag erklären wir die neue Rechtslage, Ihre Pflichten und welche Risiken bestehen.
Verfasst von:
Journalist
Fachlich geprüft von:
Expertin für Ausländerrecht

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Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste in Kürze

  • § 47b AufenthG: Seit Oktober 2024 gilt die Anzeigepflicht für Heimatreisen bei Schutzstatus.
  • Nur absolute Notfälle (z. B. Tod oder Lebensgefahr naher Angehöriger) sind zulässig.
  • Bei Nichtanzeige drohen Bußgeld und Widerruf des Schutzstatus.
  • Dokumentation und rechtzeitige Meldung bei der Ausländerbehörde sind entscheidend.
  • Das BAMF prüft nach der Rückkehr, ob der Schutzstatus bestehen bleibt.

Wer ist von der neuen Regelung betroffen?

Die neue Anzeigepflicht Heimatreise gilt nur für Personen mit internationalem Schutzstatus. Schauen Sie in Ihrem Aufenthaltsdokument nach der Rechtsgrundlage:

Ihr Aufenthaltstitel
Bedeutung
Anzeigepflicht bei Heimatreise
Risiko bei Nichtbeachtung
§ 25 Abs. 1 AufenthG
Asylberechtigt
✅ JA – zwingend erforderlich
Verlust des Schutzstatus möglich
§ 25 Abs. 2 AufenthG
Anerkannter Flüchtling oder Subsidiärer Schutz
✅ JA – zwingend erforderlich
Verlust des Schutzstatus möglich
§ 25 Abs. 3 AufenthG
Nationales Abschiebungsverbot
✅ JA – zwingend erforderlich
Verlust des Schutzstatus möglich
§ 26 Abs. 3 AufenthG
Niederlassungserlaubnis Flüchtlingsstatus
✅ JA – zwingend erforderlich
Verlust der Niederlassungserlaubnis möglich
§ 26 Abs. 4 AufenthG
Niederlassungserlaubnis (bei Integration)
✅ JA – zwingend erforderlich
Verlust der Niederlassungserlaubnis möglich
Alle anderen §
Ausbildung, Arbeit, Studium, Familie
❌ NEIN, nicht zwingend erforderlich
Kein Risiko

Kein Risiko & keine Anzeigepflicht bei Aufenthaltstiteln z.B. nach § 23, § 23a, § 24, § 25 Abs. 4–5, 
§ 25a/b AufenthG
sowie bei Aufenthaltstiteln für Arbeit, Studium, Familie. Eine ausführliche Übersicht erhalten Sie hier.

Hinweis

Auch eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 oder 4 AufenthG kann widerrufen werden, wenn sie auf einem Schutzstatus basiert. Wenn Sie eine Heimatreise ohne Anzeigepflicht Heimatreise unternehmen oder keinen sittlich zwingenden Grund nachweisen können, riskieren Sie ein Widerrufsverfahren, das zur Aufhebung Ihrer Niederlassungserlaubnis führen kann. Das BAMF prüft in diesem Fall, ob Ihr Schutzstatus noch gerechtfertigt ist – und damit auch die Grundlage Ihrer Niederlassungserlaubnis.

Was bedeutet die Anzeigepflicht Heimatreise nach § 47b AufenthG konkret?

Wenn Sie zur betroffenen Gruppe gehören, müssen Sie vor jeder Reise ins Heimatland:

  • Die Reise bei der Ausländerbehörde anzeigen (nicht beim BAMF)
  • Folgende Informationen angeben:
    • Datum der geplanten Reise
    • Dauer des Aufenthalts
    • Grund der Reise (besonders wichtig für die spätere Bewertung)

Zeitpunkt der Anzeige: Vor Reiseantritt (empfohlen: 2-3 Wochen vorher). Die Anzeige muss schriftlich erfolgen (für Ihre eigene Sicherheit). Lassen Sie sich eine Eingangsbestätigung geben.

Wichtig!

Die Anzeige ist keine Reiseerlaubnis. Die Ausländerbehörde kann Ihre Reise nicht verbieten, aber sie leitet die Information an das BAMF weiter. Das BAMF prüft nach Ihrer Rückkehr, ob Ihr Schutzstatus noch berechtigt ist.

Wie erfahren die Behörden von Ihrer Reise?

Viele Menschen fragen sich: „Woher wissen die Behörden, dass ich gereist bin?“
Die Antwort ist wichtig zu verstehen:

Direkte Wege:

  • Grenzkontrollen: Bei Ein- und Ausreise, besonders an Flughäfen
  • Passstempel: Jeder Stempel wird bei späteren Behördengängen gesehen
  • Zufallskontrollen: Bei Verkehrskontrollen oder anderen Anlässen

Indirekte Wege:

  • Jobcenter/Sozialamt: Wenn Sie Termine verpassen oder Leistungen nicht abholen
  • Krankenkasse: Bei medizinischen Leistungen im Ausland
  • Meldebehörde: Bei längerer Abwesenheit
  • Schule/Kindergarten: Wenn Ihre Kinder fehlen
  • Arbeitgeber: Bei ungeklärter Abwesenheit

Informationsaustausch zwischen Behörden: Nach § 8 Abs. 1c AsylG sind folgende Stellen verpflichtet, Reisen an das BAMF zu melden: Bundespolizei (Grenzschutz), Ausländerbehörden, Polizeibehörden, Sozialämter, Jobcenter.

Achtung

Auch kurze Reisen können durch Datenaustausch auffallen – unterschätzen Sie das nicht!

Die rechtlichen Konsequenzen im Detail

Konsequenz
Was bedeutet das für Sie?
Ordnungswidrigkeit
Bußgeld bis zu 1.000 Euro nach § 98 Abs. 2 Nr. 2b AufenthG
Widerrufsverfahren
Das BAMF prüft, ob Sie noch schutzbedürftig sind
Beweislastumkehr
Sie müssen beweisen, dass Sie einen zwingenden Grund hatten
Glaubwürdigkeitsverlust
Ihre Angaben werden grundsätzlich angezweifelt
Möglicher Statusverlust
Verlust des Schutzstatus und damit der Aufenthaltserlaubnis

Die Vermutungsregelung nach § 73 Abs. 7 AsylG: Das Gesetz geht davon aus: Wer in sein Heimatland reist, braucht keinen Schutz mehr. Diese Vermutung können Sie nur widerlegen, wenn: Die Reise aus einer „sittlich zwingenden Pflicht“ erfolgte, Sie das mit Dokumenten beweisen können, Das BAMF Ihre Gründe anerkennt.

Reisen ohne Sorgen mit einem deutschen Pass
Möchten Sie problemlos ins Heimatland reisen? Nach einer erfolgreichen Einbürgerung erhalten Sie einen deutschen Pass – damit entfällt der Schutzstatus, und Sie können ohne Anzeigepflicht, Heimatreise oder Risiko eines Widerrufsverfahrens frei reisen.

Ausnahmen „Sittlich zwingende Pflichten“

Was sind sittliche Pflichten? Moralisch zwingende Gründe, die Heimatreise trotz Schutzstatus rechtfertigen.

Das Gesetz erlaubt Reisen nur in absoluten Ausnahmefällen. Die Rechtsprechung ist hier sehr streng:

Anerkannte Gründe (mit Nachweisen):

  • Sterbebegleitung eines nahen Familienangehörigen (Eltern, Kinder, Ehepartner)
    Erforderlich: Ärztliches Attest über lebensbedrohlichen Zustand
  • Beerdigung eines nahen Familienangehörigen
    Erforderlich: Sterbeurkunde
  • Akute Lebensgefahr eines Kindes oder Ehepartners
    Erforderlich: Medizinische/behördliche Nachweise
  • Pflege eines in akuter Notlage befindlichen nahen Angehörigen
    Erforderlich: Medizinische/behördliche Nachweise

❌ NICHT anerkannte Gründe:

  • Hochzeiten (auch die eigene!)
  • Familienfeiern jeder Art
  • Erkrankungen, die nicht lebensbedrohlich sind
  • Besuch von Verwandten
  • Regelung von Erbschaftsangelegenheiten
  • Geschäftliche Angelegenheiten
  • Verkauf oder Verwaltung von Eigentum
  • Heimweh oder psychische Belastung

Beweispflicht: Sie müssen alle Dokumente vorlegen, die Ihren Reisegrund belegen. Diese müssen übersetzt und beglaubigt sein.

Wichtig!

Ohne stichhaltige Nachweise riskieren Sie den Widerruf Schutzstatus – sammeln Sie alles im Voraus!

Der Ablauf eines Widerrufsverfahrens

Das Widerrufsverfahren kann für Betroffene eine große Verunsicherung bedeuten. Um den Ablauf verständlich darzustellen, haben wir die wichtigsten Schritte übersichtlich zusammengefasst. Die folgende Grafik zeigt, wie ein solches Verfahren typischerweise abläuft – von der Einleitung bis hin zu möglichen Rechtsfolgen.

Praktische Handlungsempfehlungen

Wenn eine Reise unvermeidbar ist:

Vor der Reise:

  • Sammeln Sie alle Dokumente, die den Notfall belegen
  • Lassen Sie alle Dokumente übersetzen und beglaubigen
  • Gehen Sie persönlich zur Ausländerbehörde
  • Machen Sie die Anzeigepflicht schriftlich
  • Verlangen Sie eine schriftliche Bestätigung
  • Kopieren Sie alle Unterlagen für Ihre Akten

Während der Reise:

  • Bleiben Sie nicht länger als unbedingt nötig
  • Vermeiden Sie Kontakte zu Behörden Ihres Heimatlandes
  • Dokumentieren Sie den Reisegrund
  • Bewahren Sie alle Reiseunterlagen auf

Nach der Reise:

  • Rechnen Sie mit Post vom BAMF
  • Reagieren Sie sofort auf alle Schreiben
  • Halten Sie alle Fristen ein
  • Suchen Sie rechtlichen Beistand

Wenn Sie bereits ohne Anzeige gereist sind:

  • Holen Sie die Anzeige sofort nach (Schadensbegrenzung)
  • Bereiten Sie eine ausführliche Erklärung vor
  • Sammeln Sie alle Beweise für Ihre Reisegründe
  • Suchen Sie umgehend anwaltliche Hilfe
Achtung

Ignorieren Sie keine Fristen – das verschlimmert Ihre Situation im Widerrufsverfahren.

Besondere Situationen

✈️ Transit durch das Heimatland

⚠️ ACHTUNG: Auch eine Durchreise (Transit) gilt als Einreise und ist anzeigepflichtig! Dies gilt selbst dann, wenn Sie nur umsteigen und den Flughafen nicht verlassen.

👶 Reisen mit Kindern

Die Anzeigepflicht gilt auch für minderjährige Kinder mit Schutzstatus. Eltern müssen die Reise für ihre Kinder anzeigen.

🏛️ Botschaftsbesuche in Deutschland

Der Besuch einer Botschaft Ihres Heimatlandes in Deutschland gilt NICHT als Reise. Für Passbeschaffungszwecke ist dies meist unproblematisch. Lassen Sie sich aber vorher von der Ausländerbehörde eine Bescheinigung ausstellen.

Häufige Missverständnisse

💭 „Mit einer Niederlassungserlaubnis bin ich sicher“ – Falsch. Auch eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 oder 4 AufenthG kann widerrufen werden, wenn sie auf einem Schutzstatus basiert.

💭 „Eine kurze Reise fällt nicht auf“ – Falsch. Grenzkontrollen, Passstempel und Datenaustausch zwischen Behörden machen auch kurze Reisen nachvollziehbar.

💭 „Familienfeiern sind ein guter Grund“ – Falsch. Nur absolute Notfälle werden anerkannt. Hochzeiten, Geburtstage oder ähnliches reichen nicht aus.

💭 „Die Anzeige ist eine Reiseerlaubnis“ – Falsch. Die Anzeige dokumentiert nur Ihre Reiseabsicht. Das BAMF entscheidet erst nach Ihrer Rückkehr über Konsequenzen.

Zusammenfassung der wichtigsten Punkte

  1. Prüfen Sie Ihren Status: Nur § 25 Abs. 1-3 AufenthG und § 26 Abs. 3-4 AufenthG sind betroffen
  2. Anzeigepflicht ernst nehmen: Immer VOR der Heimatreise bei der Ausländerbehörde melden
  3. Nur absolute Notfälle: Nur Tod oder Lebensgefahr naher Angehöriger sind mögliche Gründe
  4. Behörden erfahren es: Durch Grenzkontrollen, Stempel, Datenaustausch
  5. Konsequenzen sind schwerwiegend: Bußgeld, Widerruf, Verlust des Aufenthalts
  6. Dokumentation ist alles: Sammeln Sie Beweise, machen Sie alles schriftlich
  7. Bei Problemen: Sofort rechtliche Hilfe suchen
⚖️ Rechtlicher Hinweis!

Jeder Fall ist individuell. Diese allgemeinen Informationen ersetzen KEINE persönliche Rechtsberatung. Bei Unsicherheiten sollten Sie sich an einen Fachanwalt für Migrationsrecht wenden.

FAQ – Häufig gestellte Fragen

Die Anzeigepflicht Heimatreise gilt für Personen mit internationalem Schutzstatus, z. B. Asylberechtigte (§ 25 Abs. 1 AufenthG), anerkannte Flüchtlinge oder subsidiär Geschützte (§ 25 Abs. 2 AufenthG) sowie Inhaber einer Niederlassungserlaubnis auf Basis eines Schutzstatus (§ 26 Abs. 3-4 AufenthG). Personen mit anderen Aufenthaltstiteln (z. B. § 24 AufenthG für vorübergehenden Schutz) sind nicht betroffen.

Ohne Anzeige riskieren Sie ein Bußgeld von bis zu 1.000 € (§ 98 Abs. 2 Nr. 2b AufenthG) und ein Widerrufsverfahren durch das BAMF. Dies kann zum Verlust Ihres Schutzstatus und Ihrer Aufenthaltserlaubnis führen, besonders wenn Sie keinen sittlich zwingenden Grund nachweisen können.

Sittlich zwingende Gründe umfassen nur absolute Notfälle wie Sterbebegleitung oder Beerdigung naher Angehöriger (Eltern, Kinder, Ehepartner) oder akute Lebensgefahr eines nahen Angehörigen. Nachweise wie ärztliche Atteste oder Sterbeurkunden sind zwingend erforderlich. Familienfeiern oder Erbschaftsangelegenheiten zählen nicht.

Behörden können Ihre Heimatreise durch Grenzkontrollen, Passstempel, Zufallskontrollen oder indirekte Hinweise (z. B. Abwesenheit bei Jobcenter, Schule oder Arbeitgeber) feststellen. Zudem sind Stellen wie Bundespolizei, Ausländerbehörden und Sozialämter verpflichtet, Reisen an das BAMF zu melden (§ 8 Abs. 1c AsylG).

Ja, der Besuch einer Botschaft in Deutschland gilt nicht als Heimatreise und ist meist unproblematisch, z. B. für Passbeschaffung. Dennoch sollten Sie vorher eine Bescheinigung von der Ausländerbehörde einholen, um Missverständnisse zu vermeiden.

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Christin Schneider
Head of Content
Christin Schneider ist die Head of Content bei Migrando. Mit zehn Jahren Tätigkeit bei der Ausländerbehörde verfügt sie über einzigartige, praxisbezogene Erfahrungen aus erster Hand. Dank ihrer Expertise ist sie eine gefragte Quelle für ...
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Valentin Radonici
Journalist
Mit seiner umfangreichen Erfahrung in der Erstellung von Web-Inhalten und im Journalismus bringt Valentin Radonici fundiertes Wissen über die präzise und wirkungsvolle Kommunikation komplexer Sachverhalte mit ...