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Wie viel Geld muss ich für die Niederlassungserlaubnis verdienen?

Wie viel Geld muss ich für die Niederlassungserlaubnis verdienen

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Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste in Kürze

  • Der gesicherte Lebensunterhalt hängt von individuellen Faktoren wie Familiengröße, Alter der Kinder und Mietkosten ab.
  • Die Berechnung orientiert sich an den Regelungen des SGB II und berücksichtigt sozialen Bedarf.
  • Für bestimmte Ausländergruppen, wie Flüchtlinge, gibt es erleichterte Bedingungen hinsichtlich des Lebensunterhalts.
  • Nutzung eines kostenlosen Tests zur Prüfung der Voraussetzungen für die Niederlassungserlaubnis wird empfohlen.

Eine der Voraussetzungen für die Niederlassungserlaubnis ist ein gesicherter Lebensunterhalt. Wann genau Ihr Lebensunterhalt von deutschen Behörden als gesichert angesehen wird, erfahren Sie detailliert in diesem Beitrag.

Wie viel genau Sie verdienen müssen ist nicht einfach zu beantworten, denn die jeweilige Behörde nimmt für jeden Ausländer eine individuelle Prüfung vor. Wie viel Geld Ihnen also monatlich  zur Verfügung stehen muss, damit Sie eine Niederlassungserlaubnis erhalten, hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab: zum Beispiel davon, wie viele Personen zu Ihrer Familie gehören, ob Sie verheiratet sind, welches Alter Ihre Kinder haben und wie hoch Ihre Miete ist. Ein einfaches Rechenbeispiel finden Sie am Ende dieses Blogartikels.

Nutzen Sie außerdem gerne unseren kostenlosen Test, um zu erfahren, ob Sie alle Voraussetzungen der Niederlassungserlaubnis erfüllen.

a) Grundsatz: Gesicherter Lebensunterhalt, nach § 9 Abs.2 Nr. 2 AufenthG

aa) Allgemeine Begriffsbestimmungen

Der Lebensunterhalt (= Regelbedarf + Mietkosten + Krankenversicherungsschutz) eines Ausländers ist gem. § 2 Abs.3 AufenthG gesichert, wenn er ihn für sich und die eigene Familie (Bedarfsgemeinschaft) ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel aus eigenen regelmäßigen Einkünften bestreiten kann.[1]

Regelbedarf i.S.d. § 20 I S. 1 SGB II:

  • z. B. Kleidung
  • Nahrungsmittel
  • Haushaltsartikel
  • Strom …

Die Prüfung der Sicherung des Lebensunterhalts (§ 9 Abs.2 Nr. 2  AufenthG) richtet sich nach den Bestimmungen des SGB II, weswegen der Bedarf nach den sozialrechtlichen Regeln über die Bedarfsgemeinschaft zu bestimmen ist. [2]
Maßgebend ist grundsätzlich, ob für die Bedarfsgemeinschaft in ihrer Gesamtheit der Lebensunterhalt gesichert ist.[3]
Es darf kein Anspruch auf öffentliche Mittel (nach dem SGB II) bestehen.

Exkurs zur Bedarfsgemeinschaft:

  • eine Bedarfsgemeinschaft besteht auch bei „Ehen ohne Trauschein“ oder Patchworkfamilien
  • reine Wohngemeinschaften sind keine Bedarfsgemeinschaft!
  • Bei nicht (mehr) Erwerbsfähigen ist nicht auf die Haushaltsgemeinschaft abzustellen, sondern nur auf den Einzelnen![4]
  • volljährige Kinder werden in der Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt, so lange sie nicht wirtschaftlich selbständig sind.
  • noch nicht Volljährige werden auch dann berücksichtigt, wenn sie wirtschaftlich selbständig sind [5]
  • Mit Vollendung des 25. Lebensjahres oder Eheschließung ist generell eine getrennte Betrachtung der Kinder geboten [6]
  • Unterhaltsverpflichtungen des volljährigen Kindes gegenüber den Eltern werden nicht zu seinen Lasten berücksichtigt[7]
  • Deutsche Familienmitglieder sind dabei nicht zu berücksichtigen
  • Ausreisepflichtige ausländische Familienmitglieder zählen zur Bedarfsgemeinschaft hinzu[8]

bb) Bedarf nach den Regelsätzen des SGB II

Der zur Berechnung Ihres Lebensunterhalts herangezogene Bedarf richtet sich demnach nach den Regelsätzen des § 20 SGB II/§ 27a, 28 SGB XII.
Eine Übersicht über die aktuelle Höhe der Regelsatzstufen finden Sie hier.

Nicht als Bezug öffentlicher Mittel gilt gem. § 2 Abs.3 AufenthG der Bezug von:

  1. Kindergeld
  2. Kinderzuschlag
  3. Erziehungsgeld
  4. Elterngeld
  5. Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch, dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
  6. Öffentlichen Mitteln, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen und
  7. Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.

Wohngeld [9]  & Pflegegeld [10] nach § 37 SGB IX bleiben bei der Berechnung der Lebensunterhaltssicherung außen vor, stehen der Annahme eines „gesicherten Lebensunterhalts“ aber nicht entgegen.

bb) Prognose-Entscheidung der Behörde

In der Regel reicht eine Negativbescheinigung der Sozialhilfeträger trotzdem nicht aus, um die Sicherung des Lebensunterhalts zu beweisen.

Die Ausländerbehörde führt eine eigene Bedarfsberechnung durch

  • Abschätzung für die Zukunft (auch aufgrund rückschauender Betrachtung)[12]
  • „Erforderlich ist die positive Prognose, dass der Lebensunterhalt des Ausländers in Zukunft auf Dauer ohne Inanspruchnahme anderer öffentlicher Mittel gesichert ist. Dies erfordert einen Vergleich des voraussichtlichen Unterhaltsbedarfs mit den nachhaltig zur Verfügung stehenden Mitteln.“[13]
  • „Berücksichtigung der Berufschancen, Erwerbsbiografie und aktuellen Einkommenssituation“ + „Verlässlichkeit des Mittelzuflusses“[14]
  • bei schwankenden Monatsbeträgen wird i.d.R. ein Mittelwert der letzten 6 Monate gebildet[15]
  • Trinkgelder können berücksichtigt werden, wenn sie branchenüblich sind[16]
  • Einkommen aus einem zweiten Arbeitsverhältnis, das nur unter Verstoß gegen die Höchstarbeitszeit von 48 Stunden/Woche (§ 3 ArbZG) erwirtschaftet werden kann, soll nicht berücksichtigt werden können, da es nicht nachhaltig ist[17]

 (P): „zu“ günstige Miete:

  • „Ist die Miete sehr günstig und daher nicht wahrscheinlich, dass der Wohnraum dauerhaft zur Verfügung steht, soll auf die ortsangemessene Miete zurückgegriffen werden können.“[18]

(P): Unentgeltliche Nutzung:

  • Es wird unterstellt, dass unentgeltliche Nutzungsüberlassung nur vorübergehend geschieht und die Kosten angesetzt, die dem Hauptmieter oder Eigentümer tatsächlich entstehen[19]

(P): Wohneigentum:

  • zur Berechnung herangezogen wird die monatliche Belastung durch die Kredite + Wohngeld
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b) Privilegierung für Ausländer mit Flüchtlingseigenschaft

aa) überwiegend gesichert, § 26 Abs.3 S. 1 Nr. 3 AufenthG

  • Besserstellung ggü. § 9 II 1 Nr. 2[20]
  • Eine überwiegende Lebensunterhaltssicherung liegt vor, wenn der Bedarf einschließlich Krankenversicherungsschutz zu wenigstens 51 % ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gesichert werden kann.[21]
  • Das ist der Fall, solange die Einkünfte aus Erwerbstätigkeit insgesamt die in Anspruch genommenen staatliche Leistungen überwiegen[22]

bb) weit überwiegend gesichert, § 26 Abs.3 S.3 Nr. 4 AufenthG

  • „Eine von § 26 III S. 2 AufenthG geforderte weit überwiegende Lebensunterhaltssicherung liegt vor, wenn das zur Verfügung stehende Einkommen aus eigenen Mitteln deutlich mehr als die Hälfte des Bedarfs deckt, der Lebensunterhalt ggfs. aber noch nicht vollständig ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestritten werden kann.“ … „Um der Intention des Gesetzgebers gerecht zu werden, ist an die „weit überwiegende Lebensunterhaltssicherung“ danach ein wesentlich strengerer Maßstab als bei der überwiegenden Lebensunterhaltssicherung anzulegen; der Gesetzgeber fordert in diesen Fällen ein deutliches „Mehr“ als bei der überwiegenden Lebensunterhaltssicherung.
  • Der unbestimmte Rechtsbegriff „weit überwiegend“ lässt sich dabei nicht mit einer genauen prozentualen Vorgabe hinterlegen, sondern ist unter Berücksichtigung des konkreten Lebenssachverhalts und der o.g. Gesetzesintention auszulegen. Als Anhaltspunkt kann ein Richtwert von 75 – 80 % des errechneten Bedarfs herangezogen werden.“[23]
  • „Wann der Lebensunterhalt „weit überwiegend“ gesichert ist, lässt sich aus dem Gesetz nicht genau ableiten. Man kann aber davon ausgehen, dass dies jedenfalls dann der Fall ist, wenn das Verhältnis der Erwerbseinnahmen zu den staatlichen Leistungen günstiger als im Verhältnis 3:1“[24]
  • Auch diese Wendung dürfte den Bezug von Sozialleistungen nicht gänzlich ausschließen, aber umfangreichere Eigeneinkünfte des Ausländers erfordern als Abs 3 S. 1 Nr 3.[25]

c) Ausnahme nach § 9 Abs.2 S. 6 AufenthG i.V.m. S. 3

Bei körperlicher, geistiger oder seelischer Krankheit bzw. Behinderung ist von einer Sicherung des Lebensunterhalts (Nr. 2) abzusehen.

e) Beispiel für die Sicherung des Lebensunterhalts

aa) Grundsatz

Für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis müssen Sie unter anderem belegen, dass Sie Ihren beziehungsweise den Lebensunterhalt ihrer Familie (= Regelbedarf nach SGB II + Miete + Krankenversicherungsbeiträge) eigenständig (ohne staatliche Unterstützung durch Sozialhilfe oder Hartz 4) sichern können. Dabei bleibt der Bezug von Leistungen im Sinne des § 2 Abs. 3 AufenthG wie zum Beispiel Kindergeld, Elterngeld oder BaföG unbeachtlich!

Wie viel Sie genau verdienen müssen ist also abhängig davon, wie viele Personen zu Ihrer Familie gehören, ob Sie verheiratet sind, welches Alter Ihre Kinder haben, wie hoch Ihre Miete ist…

Es folgt eine vereinfachte Darstellung mit beispielhaften Zahlen:

Beispiel: Mohammed + Halima + Sohn Ahmed (2 Jahre alt)

*Um zu verstehen, woher die Werte für die Regelsätze kommen, schauen Sie sich diese Tabelle auf Wikipedia an.

Der Lebensunterhalt nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG ist hier gesichert!

(Das heißt, mit ihrem Monatseinkommen in Höhe von 190 € können Mohammed und Halima den nach gesetzlich bestimmten Regelsätzen errechneten Mindestbedarf zur Sicherung ihres Lebensunterhalts in Höhe von 1.685 € decken.)

bb) Sonderregelung für Flüchtlinge

Sind Sie in Besitz eines Aufenthaltstitels, der Sie als Flüchtling im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1. Alternative des Aufenthaltsgesetzes ausweist, haben Sie 2 Möglichkeiten eine Niederlassungserlaubnis zu bekommen:

(1) gem. § 26 Abs. 3 Satz 1 nach 5 Jahren

Dafür muss der Lebensunterhalt Ihrer Familie überwiegend gesichert sein.

Das bedeutet, dass mehr als die Hälfte des zur Lebensführung benötigten Geldes aus Ihren eigenen Einkünften stammen muss. Daneben dürfen Sie allerdings Sozialleistungen beziehen.

In unserem Beispiel (siehe oben) müssten Mohammed und seine Frau gemeinsam, egal zu welchen Anteilen, mindestens 843 € monatlich verdienen. Das entspricht etwas mehr als der Hälfte ihres monatlichen Gesamtbedarfs nach dem Sozialgesetzbuch. Den restlichen Betrag der nach dem errechneten Bedarf der Familie zur Lebensführung notwendig ist (hier 842 €) können Mohammed und Halima vom Staat beziehen, ohne dass dies für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis problematisch sein dürfte.

(50 % von 1.685 € = 842,50 €)

(2) gem. § 26 Abs. 3 Satz 3 nach 3 Jahren

Um als Flüchtling nach 3 Jahren bereits eine Niederlassungserlaubnis erhalten zu können, müssen Sie Ihren Lebensunterhalt weit überwiegend aus eigenen Mitteln finanzieren.

Das heißt, dass durch Ihre eigene Erwerbstätigkeit mindestens 75 % der Kosten für Lebensmittel, Wohnraum und Dinge des täglichen Bedarfs gedeckt sein müssen. Eine vollständige Unabhängigkeit von Sozialleistungen ist allerdings auch hier nicht nötig.

Überträgt man dies auf unsere Beispielfamilie (Mohammed + Halima; siehe oben) fordert das Gesetz bei einem errechneten Gesamtbedarf von 1.685 €, dass Mohammed und seine Frau gemeinsam mindestens über ein monatliches Gesamteinkommen von rund 1.265 € verfügen. Ob dieses Geld durch Mohammed und Halima zusammen oder zum Beispiel nur durch Mohammed allein erwirtschaftet wird, spielt dabei keine Rolle. Die Familie darf nebenher in geringem Maße Sozialleistungen beziehen, ohne dass dies für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis schädlich wäre.

(75 % von 1.685 € = 1263,75 €)

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Zusammenfassung

Wie Sie sehen, ist die Berechnung des Gesicherten Lebensunterhalts sehr komplex und einzelfallabhängig. Wir haben Ihnen hier nur einen kleinen Auszug der verschiedenen Regelungen geben können.

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Quellen:

[1] https://www.bamf.de/DE/Themen/MigrationAufenthalt/ZuwandererDrittstaaten/Migrathek/Niederlassen/niederlassen-node.html

[2] BVerwG NVwZ-RR 2012, 333.

[3] BVerwG, U. v. 16.8.2011 –1 C 4.10 – NVwZ-RR 2012, 333, Rn 14.

[4] BVerwG, 18.04.2013, 10 C 10.12, Rn. 19

[5] VAB* 2.3.1.5

[6] VAB 2.3.1.5.

[7] BVerwG, 28.09.2004, 1 C 10.03.

[8] BVerwG 08.04.2015, 1 B 15.15.

[9] BVerwG, 29.11.2012, 10 C 5.12; zuvor schon Nds. OVG, 20.03.2012, 8 LC 277/10, so auch VAB 2.3.2.6.1

[10] BeckOK AuslR/Maor, 27. Ed. 1.10.2020, AufenthG § 9 Rn. 12a.

[11] Renner/Bergmann/Dienelt, § 2 Rn. 15.

[12] Bergmann/Dienelt, 13. Aufl. 2020, AufenthG § 9 Rn. 38.

[13] BVerwG; 26.08.2008, 1 C 32.07; BVerwG 29.11.2012, 10 C 4.12, Rn. 25.

[14] Nr. 2.3.3 VV-AufenthG; BVerwG, 07.04 2009, 1 C 17.08, Rn. 33; OVG BBg, 13.04.2010, OVG 11 S 12.10.

[15] VAB 2.3.1.9.

[16] VAB 2.3.1.10.

[17] VG Berlin, 29.09.2011, 33 V 106.08.

[18] OVG Berlin-Brandenburg, 14.04.2010, OVG 11 S 12.10.

[19] so z.B. VAB 2.3.1.8.

[20] Bergmann/Dienelt/Röcker, 13. Aufl. 2020, AufenthG § 26 Rn. 28.

[21] BeckOK AuslR/Maaßen/Kluth, 27. Ed. 1.10.2020, AufenthG § 26 Rn. 16a.

[22] Bergmann/Dienelt/Röcker, 13. Aufl. 2020, AufenthG § 26 Rn. 28.

[23] Landesbehörden, Entscheidung vom 29.09.2017 – 14.21 – 12230/1-8 (§ 26) – asyl.net: M25534

[24] BeckOK AuslR/Maaßen/Kluth, 27. Ed. 1.10.2020, AufenthG § 26 Rn. 16b.

[25] Bergmann/Dienelt/Röcker, 13. Aufl. 2020, AufenthG § 26 Rn. 33.

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