Beamte des Innenministeriums verhandeln Abschiebungen nach Kabul
Nach Informationen des Spiegel soll es bei den Gesprächen um „technische Details der Rückführungen” sowie Abläufe und Sicherheitsfragen gegangen sein. Zwei Beamte aus der für die Bundespolizei zuständigen Abteilung des Ministeriums reisten demnach nach Kabul, besichtigten den Flughafen und trafen Vertreter der Taliban-Behörden.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte die Gespräche zuvor angekündigt. Künftig sei es das Ziel, „dass Abschiebungen nach Afghanistan regelmäßig stattfinden können“, sagte er der Bild am Sonntag. Betroffen seien zunächst Straftäter und Gefährder.
In den vergangenen Jahren fanden zwei Abschiebeflüge nach Afghanistan statt – der erste 2024 noch unter der damaligen Bundesregierung, der zweite im Juli 2025 unter der neuen schwarz-roten Bundesregierung. Dabei wurden insgesamt mehr als 100 Männer abgeschoben, die in Deutschland wegen Gewalttaten, Sexualdelikten oder Drogendelikten verurteilt worden waren.
Deutschland hat offiziell keine Beziehungen zu den Taliban
Offiziell erkennt Deutschland die Taliban-Regierung weiterhin nicht an. Dennoch nehmen die Kontakte zu den Machthabern zu. Das Auswärtige Amt bestätigte gegenüber Medien, dass inzwischen zwei von den Taliban entsandte Konsularbeamte in Deutschland tätig seien – einer in Berlin und einer in Bonn. Sie sollen afghanische Staatsangehörige hierzulande mit Pässen und Dokumenten versorgen.
Dieser Schritt ist nicht unumstritten: Aus Protest gegen die Berufung des Vertreters der Taliban-Regierung ins Bonner Konsulat, legten erst in der vergangenen Woche alle dortigen Mitarbeiter, inklusive des amtierende Generalkonsuls Hamid Nangialay Kabiri, ihre Arbeit nieder. Das Konsulat in Bonn ist seither geschlossen.
Die Bundesregierung betont, die Gespräche in Kabul dienten der „operativen Vorbereitung“ künftiger Rückführungen und seien keine politische Anerkennung der Taliban.
Kritik an den Verhandlungen
Scharfe Kritik an den Verhandlungen mit der als Terrororganisation eingestuften Gruppierung kommt aus der Opposition. Agnieszka Brugger, Vizefraktionschefin der Grünen, warf der Bundesregierung vor, mit einer Vereinigung zu verhandeln, die Frauen und Mädchen systematisch unterdrücke. „Wenn Union und SPD dreckige Deals mit den Taliban machen, brauchen sie nie wieder so zu tun, als ob ihnen die Rechte von Frauen und Mädchen etwas wert seien“, sagte Brugger dem Spiegel.
Auch innenpolitische Experten warnen, dass weitere Abschiebungen schwer überprüfbare Sicherheitsrisiken bergen könnten. Die Taliban stehen auf internationalen Sanktionslisten, und mehrere Regierungsmitglieder gelten als Terrorverdächtige.
§ 62 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) regelt die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für die sogenannte Abschiebungshaft in Deutschland. Diese Bestimmung ist entscheidend für Personen, die ausreisepflichtig sind und in Haft genommen werden können, um ihre Abschiebung sicherzustellen....
Fazit: Wie geht es weiter?
Wie verschiedene Medien (unter anderem der Spiegel) berichten, könnten weitere Abschiebeflüge nach Afghanistan noch in diesem Jahr stattfinden. Ob und unter welchen Bedingungen dies geschieht, ist derzeit nicht bekannt. Das Bundesinnenministerium äußerte sich nicht zu möglichen Vereinbarungen oder Gegenleistungen.
Fest steht: Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag verpflichtet, Abschiebungen in bestimmte Herkunftsländer – darunter Afghanistan und Syrien – wieder aufzunehmen, beginnend mit Straftätern und Gefährdern. Langfristig könnte diese Regelung aber auch auf Personen ohne Asylanspruch ausgeweitet werden.
Ob die Gespräche in Kabul tatsächlich den Weg für regelmäßige Rückführungen ebnen, ist derzeit unklar. Sicher ist nur: Der Dialog zwischen Deutschland und den Taliban wird enger – und politisch bleibt er hoch umstritten.