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Das Bild zeigt Auszubildende mit Migrationshintergrund. Ein neues Urteil stärkt die Rechte von Auszubildenden aus Drittstaaten. Der Aufenthaltstitel darf nicht automatisch entfallen, wenn die Ausbildung plötzlich endet.

Urteil: Kündigung in der Ausbildung – Warum der Aufenthaltstitel nicht automatisch entfallen darf

Das Verwaltungsgericht München hat ein wichtiges Urteil für Auszubildende aus Drittstaaten gefällt. Ein Aufenthaltstitel zur Berufsausbildung (§ 16a AufenthG) darf nicht allein deshalb automatisch erlöschen, weil die Ausbildung plötzlich endet oder Sozialleistungen bezogen werden. Stattdessen sieht das Gesetz ausdrücklich vor, dass Auszubildenden – sofern sie den Abbruch nicht selbst verschuldet haben – bis zu sechs Monate Zeit eingeräumt werden muss, um einen neuen Ausbildungsplatz zu finden.
Verfasst von:
Redakteurin

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Für ausländische Auszubildende bedeutet das mehr Rechtssicherheit – vor allem dann, wenn ein Ausbildungsplatz wegfällt und ein neuer gesucht wird.

Was bedeutet das im Detail?

Auszubildende aus Marokko sollte ausreisen

Im konkreten Fall ging es um eine marokkanische Staatsangehörige, die 2023 im Rahmen des beschleunigten Fachkräfteverfahrens (§ 81a AufenthG) nach Deutschland eingereist war. Sie hatte ein Visum und anschließend eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausbildung als Pflegefachfrau nach § 16a AufenthG erhalten.

Wichtig: Sowohl in ihrem Visum als auch in ihrem Aufenthaltstitel war eine Nebenbestimmung eingetragen. Darin stand, dass der Aufenthaltstitel automatisch vier Wochen nach dem Abbruch oder der Beendigung der Ausbildung erlischt – sowie auch dann, wenn sie Sozialleistungen nach SGB II oder SGB XII bezieht.

Im September 2024 kündigte die Pflegeschule während der Probezeit den Schulvertrag. Da der Schulvertrag Voraussetzung für die Ausbildung war, wurde kurz darauf auch der Ausbildungsvertrag beendet. Die Ausländerbehörde ging daraufhin davon aus, dass die Bedingung aus der Nebenbestimmung erfüllt sei – und dass der Aufenthaltstitel der Klägerin somit Mitte Oktober 2024 automatisch erlischt.

Die Behörde forderte sie zur Ausreise auf, kündigte die Ausstellung einer Grenzübertrittsbescheinigung an und drohte sogar Ermittlungen wegen unerlaubten Aufenthalts an.

Gleichzeitig hatte die Klägerin bereits gehandelt: Sie legte einen neuen Ausbildungsvertrag zur Pflegefachfrau mit Start im Januar 2025 vor. Außerdem berief sie sich auf § 16a Abs. 4 AufenthG. Diese Vorschrift erlaubt Auszubildenden nach einem Ausbildungsabbruch eine Frist von bis zu sechs Monaten, um einen neuen Ausbildungsplatz zu finden – vorausgesetzt, sie haben den Abbruch nicht selbst verschuldet.

Um zu verhindern, dass sie ausreisen muss und damit ihren neuen Ausbildungsplatz verliert, stellte die Frau beim Verwaltungsgericht München einen Eilantrag.

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Was ist § 16a AufenthG (Aufenthaltstitel zur Ausbildung)?

Die Aufenthaltserlaubnis der Klägerin beruhte auf § 16a Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Diese Vorschrift regelt den Aufenthalt zum Zweck der Berufsausbildung in Deutschland für Personen aus Nicht-EU-Ländern. Mit diesem Aufenthaltstitel soll der Fachkräftebedarf in Deutschland gedeckt werden – gleichzeitig soll er jungen Menschen aus Drittstaaten eine berufliche Perspektive eröffnen.

Um eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16a AufenthG zu erhalten, müssen in der Regel folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Ein unterschriebener Ausbildungsvertrag für eine staatlich anerkannte Ausbildung
  • Ausreichende Sprachkenntnisse, in der Regel auf dem Niveau B1
  • Gesicherter Lebensunterhalt für die gesamte Dauer der Ausbildung
  • Gültige Krankenversicherung
  • Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit (Ausnahmen möglich)
  • Gültiger Reisepass
  • Schulabschluss, der den Zugang zur Ausbildung ermöglicht

Seit der Reform des Aufenthaltsgesetzes im Jahr 2023 gilt: Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, muss die Behörde die Aufenthaltserlaubnis in der Regel erteilen oder verlängern. Der Gesetzgeber will damit Planungssicherheit schaffen und den Zugang zu Ausbildungsberufen für internationale Bewerber erleichtern.

Kommt es während der Ausbildung zu Problemen – zum Beispiel einem Abbruch oder einer Kündigung –, greift § 16a Abs. 4 AufenthG. Diese Vorschrift schützt Auszubildende vor dem sofortigen Verlust ihres Aufenthaltsstatus. Wenn der Abbruch nicht selbst verschuldet ist, soll die betroffene Person bis zu sechs Monate Zeit bekommen, um einen neuen Ausbildungsplatz zu finden.

Erst wenn diese Frist verstrichen ist oder die Person den Abbruch selbst verschuldet hat, darf die Ausländerbehörde darüber entscheiden, ob der Aufenthaltstitel widerrufen oder zeitlich verkürzt wird.

Damit stellt § 16a Abs. 4 AufenthG sicher, dass ein unerwarteter Ausbildungsabbruch nicht automatisch zur Ausreise führt – sondern dass Auszubildende eine echte zweite Chance auf einen neuen Ausbildungsplatz erhalten.

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So hat das Gericht entschieden

Das Gericht gab der Klägerin Recht. Die Richter:innen verpflichteten die Ausländerbehörde, die auflösende Bedingung zu streichen und eine neue Aufenthaltserlaubnis ohne diese Nebenbestimmung auszustellen.

Das bedeutet: Die Klausel, nach der ein Aufenthaltstitel vier Wochen nach einem Ausbildungsabbruch automatisch erlischt, ist rechtswidrig.

Für Personen mit einem Aufenthaltstitel nach § 16a AufenthG gilt stattdessen die gesetzliche Regelung: Nach einem nicht selbstverschuldeten Ausbildungsabbruch muss immer eine Frist von bis zu sechs Monaten eingeräumt werden, damit Betroffene einen neuen Ausbildungsplatz finden können.

Warum der Aufenthaltstitel nicht automatisch erlöschen darf

Kern der Entscheidung ist die Frage, wie weit Ausländerbehörden Nebenbestimmungen in Aufenthaltstiteln überhaupt einsetzen dürfen.

Grundsätzlich erlaubt das Aufenthaltsgesetz (§ 12 Abs. 2 AufenthG), Visa und Aufenthaltserlaubnisse an Bedingungen oder Auflagen zu knüpfen. Dazu gehören auch sogenannte “auflösende Bedingungen” – also Formulierungen, nach denen der Aufenthaltstitel automatisch erlischt, sobald ein bestimmtes Ereignis eintritt.

Das Verwaltungsgericht München stellt jedoch klar: Solche Nebenbestimmungen sind nicht unbegrenzt zulässig. Sie müssen zum Gesetz passen und dürfen wichtige Schutzregeln nicht umgehen. Genau das sah das Gericht hier als problematisch an – und zwar aus mehreren Gründen:

  1. Die Klausel widerspricht der gesetzlichen Suchfrist
    § 16a Abs. 4 AufenthG soll Auszubildende schützen, wenn eine Ausbildung unerwartet endet. Sie sollen bis zu sechs Monate Zeit haben, einen neuen Platz zu finden – und nicht sofort ihren Aufenthaltstitel verlieren. Eine Vier-Wochen-Automatik würde diesen Schutz praktisch aushebeln.
  2. Die Behörde vermied die vorgeschriebene Einzelfallprüfung
    Wenn eine Ausbildung endet, muss die Behörde immer im Einzelfall prüfen, warum die Ausbildung endete, wer die Schuld trägt und ob es Gründe gibt, den Titel zu widerrufen oder zu verkürzen. Eine Automatikklausel ersetzt diese Einzelfallprüfung – und das ist nicht zulässig.
  3. Die Klausel ist unklar formuliert
    Besonders der Teil „mit Bezug von Leistungen nach SGB II oder SGB XII“ wirft Fragen auf: Ab wann genau soll der Titel erlöschen? Wie wird der Leistungsbezug nachgewiesen? Für Betroffene ist laut Gericht kaum nachvollziehbar, wann ihr Aufenthaltsstatus tatsächlich enden würde. Nebenbestimmungen müssen aber eindeutig und verständlich sein.

Das Fazit des Gerichts: Eine Bedingung, die den Aufenthaltstitel automatisch beendet und die gesetzlich vorgeschriebene Einzelfallprüfung ersetzt, passt nicht zu § 16a AufenthG – und ist deshalb rechtswidrig.

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  • § 16a AufenthG soll zukünftige Fachkräfte und Auszubildende fördern – nicht verunsichern
  • Die sechsmonatige Frist nach dem Ende einer Ausbildung ist eine wichtige Schutzregel.
  • Die Behörde muss immer im Einzelfall prüfen, warum die Ausbildung gescheitert ist. Die Verantwortung liegt nicht automatisch bei den Auszubildenden. Der Aufenthaltstitel darf daher nicht automatisch entfallen.
  • Standardklauseln ohne Einzelfallprüfung können rechtlich schnell unwirksam sein.

Was bedeutet das für Auszubildende aus Drittstaaten?

Für viele ausländische Azubis ist die Entscheidung ein wichtiges Signal. Konkret bedeutet das:

  1. Wer einen Aufenthaltstitel zur Ausbildung hat, sollte die Nebenbestimmungen genau lesen. Steht dort, dass der Titel automatisch vier Wochen nach Abbruch der Ausbildung oder beim Bezug von Sozialleistungen erlischt, kann diese Klausel angreifbar sein.
  2. Wenn eine Ausbildung endet, muss die Ausländerbehörde immer im Einzelfall prüfen, warum. Wurde der Vertrag wegen eindeutigen Fehlverhaltens der Auszubildenden beendet, kann das zu Konsequenzen führen. Liegen die Gründe aber eher in der Organisation der Ausbildung, in schulischen Abläufen oder in anderen Umständen, kann § 16a Abs. 4 AufenthG eine wichtige Schutzfunktion entfalten.
  3. Wer innerhalb der Frist von bis zu sechs Monaten einen neuen Ausbildungsplatz findet, hat gute Chancen, den Aufenthaltstitel zu behalten.

Für die Praxis bedeutet das: Auszubildende sollten frühzeitig aktiv werden, wenn sich Probleme in der Ausbildung abzeichnen – etwa bei drohender Kündigung oder Schulwechsel. Je schneller neue Verträge, Schulplätze und Unterlagen vorgelegt werden, desto besser sind die Chancen, den Aufenthaltstitel zu sichern.

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Fazit

Das Urteil des VG München macht klar: Aufenthaltstitel für Auszubildende dürfen nicht im Stillen durch Nebenbestimmungen abgeschafft werden, die mit den gesetzlichen Vorgaben kollidieren.

§ 16a AufenthG ist ausdrücklich darauf angelegt, Fachkräfte zu gewinnen, Auszubildenden eine Perspektive zu geben und ihnen bei Problemen eine zweite Chance zu ermöglichen.

Für Auszubildende aus Drittstaaten bedeutet das mehr Rechtssicherheit. Wer unverschuldet den Ausbildungsplatz verliert und einen neuen Platz findet, soll nicht allein wegen einer Standardklausel im Aufenthaltstitel ausreisen müssen.

Für Personen mit § 16a AufenthG gilt:

  • Den Aufenthaltstitel auf solche Klauseln prüfen und dokumentieren.
  • Bei Problemen in der Ausbildung sofort fachkundige Beratung suchen (z.B. bei spezialisierten Beratungsstellen, Anwält:innen oder Flüchtlings- und Migrationsberatungen),
  • Bei drohendem Erlöschen des Aufenthaltstitels einen Eilrechtsschutz beantragen.
  • Alle Bemühungen um einen neuen Ausbildungsplatz gut dokumentieren (Kontakte, Bewerbungen, Zusagen, Verträge). Diese Nachweise können wichtig sein, um zu zeigen, dass man die Suchfrist ernsthaft nutzt.
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Anna Faustmann
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Anna Faustmann ist als Redakteurin bei Migrando tätig. Mit ihrer fundierten Ausbildung und langjährigen Erfahrung im Journalismus und digitalen Marketing bringt sie ein tiefes Verständnis für die Konzeption und Erstellung ...