Bundesregierung lehnt Erkundungsreisen nach Syrien ab
In den letzten Wochen haben führende Politiker der CDU/CSU die Themen Rückkehr, Abschiebung und Reisen nach Syrien verstärkt in den Mittelpunkt gestellt. Innenminister Dobrindt betonte mehrfach, dass Reisen in das Land, aus dem man geflohen ist, nicht zu einem Schutzstatus passen. Wer in das Land reist, in dem er verfolgt wurde, sende aus seiner Sicht das Signal, dass dort keine Gefahr mehr bestehe – und damit auch kein Grund für Schutz in Deutschland.
Auch in einem aktuellen Interview mit dem Spiegel lehnt Dobrindt sogenannte Erkundungsreisen ausdrücklich ab. Gemeint sind Reisen, bei denen Geflüchtete prüfen wollen, wie die Lage in ihrem Heimatland aktuell ist – etwa um zu sehen, ob eine Rückkehr eines Tages möglich wäre.
Diese Informationen könne man, so Dobrindt, auch über Familie oder online erhalten. Wer trotzdem reist, müsse damit rechnen, seinen Schutzstatus in Deutschland zu verlieren.
Auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) unterstützt diese Linie. Er betonte zuletzt immer wieder, dass Bürgerkriegsflüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren sollten, sobald sich die Lage dort verbessert. Menschen, die politisch oder religiös verfolgt werden, sollen weiterhin Schutz erhalten. Für viele syrische Geflüchtete stellt die Union jedoch die langfristige Bleibeperspektive in Frage – besonders dann, wenn sie nach Syrien reisen.
Doch was genau sagt das Gesetz? Wer darf ins Heimatland reisen – und wann droht der Verlust des Schutzstatus?
Seit Oktober 2024 regelt § 47b AufenthG die Anzeigepflicht für Heimatreisen bei Schutzstatus. Erfahren Sie, welche Auflagen gelten, welche Risiken bestehen und wie Sie den Widerruf Ihres Schutzstatus vermeiden können. Alle Infos zu Ausnahmen, Konsequenzen und praktischen Tipps....
§ 47b AufenthG und Anzeigepflicht für Heimatreisen
Die Aussagen von Alexander Dobrindt stützen sich auf ein neues Gesetz, das erst seit Oktober 2024 gilt. Die Vorschrift (§ 47b AufenthG) verpflichtet Schutzberechtigte dazu, jede Reise in das Heimatland vorab bei der Ausländerbehörde zu melden.
Wörtlich heißt es dort: “Asylberechtigte und Ausländer, denen internationaler Schutz zuerkannt oder für die ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder Absatz 7 festgestellt worden ist, sind verpflichtet, Reisen in ihren Herkunftsstaat sowie den Grund der Reise vor Antritt der Reise gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde anzuzeigen.”
Wer eine Reise in die Heimat nicht meldet, riskiert den Entzug seines Schutzstatus – und im schlimmsten Fall sogar die Abschiebung.
Wer muss eine Reise ins Heimatland melden?
Betroffen von der Anzeigepflicht sind Personen mit einem internationalen oder asylrechtlichen Schutzstatus. Dazu gehören insbesondere:
- Asylberechtigte nach § 25 Abs. 1 AufenthG
- Anerkannte Flüchtlinge oder Personen mit subsidiärem Schutz nach § 25 Abs. 2 AufenthG
- Personen mit nationalem Abschiebungsverbot nach § 25 Abs. 3 AufenthG
- Inhaber:innen einer Niederlassungserlaubniss, die auf einem Schutzstatus beruhen (§ 26 Abs. 3 und 4 AufenthG)
Wer zu diesen Gruppen gehört, muss jede Reise ins Heimatland vorab bei der Ausländerbehörde anzeigen. Die Meldung sollte schriftlich erfolgen und Datum, Dauer und Grund der Reise enthalten.
Wichtig: Die Ausländerbehörde kann die Reise nicht verbieten. Sie ist aber verpflichtet, die Informationen an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) weiterzugeben. Das BAMF prüft nach der Rückkehr, ob der Schutzstatus weiter besteht oder ob ein Widerrufsverfahren eingeleitet wird.
Personen mit anderen Aufenthaltstiteln – etwa zur Arbeit, zum Studium, zur Familienzusammenführung oder bei vorübergehenden Schutz nach § 24 AufenthG – müssen Heimatreisen in der Regel nicht melden.
Wann sind Reisen mit Schutzstatus erlaubt?
Das Gesetz verbietet Heimatreisen mit Schutzstatus nicht grundsätzlich, setzt aber sehr enge Grenzen. Erlaubt sind sie nur in moralisch besonders gewichtigen Ausnahmefällen – sogenannten „sittlich zwingenden Gründen“. Dazu gehören vor allem:
- Sterbebegleitung oder Beerdigung eines Elternteils, Kindes oder Ehepartners
- akute Lebensgefahr eines nahen Familienangehörigen
- Pflege eines schwer erkrankten Angehörigen in akuter Notlage
In diesen Fällen verlangen Behörden meist ärztliche Atteste, Sterbeurkunden oder andere amtliche Nachweise.
Nicht ausreichend sind dagegen Gründe wie:
- Hochzeiten (auch die eigene) und Familienfeiern
- nicht lebensbedrohliche Erkrankungen
- Heimweh oder der Besuch von Verwandten
- Erbschaftsangelegenheiten oder Klärung von Eigentumsfragen
Die Hürde ist bewusst hoch: Heimatreisen sollen für Schutzberechtigte eine absolute Ausnahme bleiben.
Wer die Reise nicht meldet, riskiert ein Bußgeld von bis zu 1.000 Euro. Schwerer wiegen jedoch die aufenthaltsrechtlichen Folgen: Das BAMF kann ein Widerrufsverfahren einleiten und prüfen, ob der Schutzstatus weiterhin gerechtfertigt ist. Im schlimmsten Fall drohen der Entzug der Aufenthaltserlaubnis oder – bei darauf beruhender Niederlassungserlaubnis – auch Probleme mit dem unbefristeten Titel.
Du bist immer noch minderjährig, d.h. jünger als 18 Jahre, aber mindestens 16 Jahre alt? In dem Fall kannst du die Niederlassungserlaubnis bei der zuständigen Ausländerbehörde gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 26 Abs. 4 Satz 4 Aufenthaltsgesetz beantragen....
Fazit: Was bedeutet das für Reisen nach Syrien?
Die aktuelle politische Debatte trifft auf eine klare Rechtslage: Erkundungsreisen oder private Besuche im Heimatland sind für Schutzberechtigte kaum ohne Risiko möglich. Heimatreisen mit Schutzstatus sind nur in eng definierten Notlagen erlaubt und unterliegen einer strengen Anzeigepflicht – sowie ggf. einer nachträglichen Prüfung, ob die Schutzgründe weiterhin bestehen. Im schlimmsten Fall kann der Aufenthaltstitel entzogen werden.
Für Geflüchtete aus Syrien bedeutet das konkret:
- Reisen ins Heimatland mit Schutzstatus sind gesetzlich streng geregelt – und politisch nicht gewollt
- Nur in absolut dringenden Ausnahmefällen sollte eine Heimatreise überhaupt erwogen werden.
- Jede geplante Reise muss vorab der Ausländerbehörde gemeldet werden – ohne Ausnahme.
- Mit einer nachträglichen Prüfung durch das BAMF ist immer zu rechnen.
- In der aktuellen politischen Lage ist davon auszugehen, dass die Behörden besonders genau prüfen.
- Vor einer Reise ist dringend eine individuelle rechtliche Beratung zu empfehlen.
