Was ist ein Widerrufsprüfverfahren?
Bei einem Widerrufsprüfverfahren überprüft das BAMF, ob ein anerkannter Schutzstatus weiterhin gerechtfertigt ist. Die rechtliche Grundlage dafür sind die §§ 73 ff. des Asylgesetzes (AsylG). Je nach Art des Schutzes – zum Beispiel Asyl, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz oder nationales Abschiebungsverbot – kommen unterschiedliche Vorschriften zur Anwendung.
Das bedeutet: Das BAMF darf in bestimmten Fällen prüfen, ob die Gründe für den Schutz noch vorhanden sind. Ein Widerruf des Schutzes kann zum Beispiel dann möglich sein, wenn sich die Lage im Herkunftsland wesentlich verändert bzw. verbessert hat, wenn Betroffene schwer straffällig geworden sind oder wenn sie freiwillig in ihr Herkunftsland zurückgereist sind.
Im Fall von Syrien wird die Überprüfung häufig mit der veränderten Lage nach dem Sturz des Assad-Regimes im Dezember 2024 begründet.
Wichtig: Das Gesetz schreibt ausdrücklich vor, dass jede Entscheidung im Einzelfall getroffen werden muss. Ein laufendes Widerrufsprüfverfahren bedeutet also nicht automatisch, dass der Schutzstatus entzogen wird.
Du bist immer noch minderjährig, d.h. jünger als 18 Jahre, aber mindestens 16 Jahre alt? In dem Fall kannst du die Niederlassungserlaubnis bei der zuständigen Ausländerbehörde gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 26 Abs. 4 Satz 4 Aufenthaltsgesetz beantragen....
Bestimmte Gruppen besonders im Fokus
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums, auf die sich die BILD-Zeitung beruft, richtet sich die aktuelle Überprüfung insbesondere gegen bestimmte Personengruppen. Dazu gehören Menschen, die Straftaten begangen haben, sogenannte Gefährder sowie Personen, die nach ihrer Anerkennung zeitweise oder dauerhaft nach Syrien zurückgereist sind.
In diesen Fällen prüft das BAMF besonders genau, ob weiterhin ein persönlicher Schutzbedarf besteht oder ob ein Widerruf rechtlich möglich ist.
Nach Angaben des BAMF wurden im Jahr 2025 bis Ende November insgesamt 16.737 Widerrufsprüfverfahren syrischer Staatsangehöriger abgeschlossen. In den meisten Fällen blieb der Schutzstatus bestehen. Derzeit sind aber noch mehr als 20.000 Widerrufsprüfverfahren nicht entschieden.
Kaum noch neue Schutztitel für Syrer
Parallel zu den laufenden Widerrufsprüfungen werden derzeit auch deutlich weniger Asylanträge syrischer Schutzsuchender positiv entschieden. Nach einem Bericht der Welt am Sonntag erkennt das BAMF aktuell nur noch in sehr wenigen Fällen einen Schutzstatus an.
Demnach wurde im Oktober lediglich in rund 0,8 Prozent der entschiedenen Fälle ein Schutzstatus gewährt. Insgesamt bearbeitete das BAMF in diesem Monat 3.134 Asylverfahren syrischer Staatsangehöriger. Dabei erhielt nur eine Person Asyl nach dem Grundgesetz, zehn Personen Flüchtlingsschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention, neun Personen subsidiären Schutz und sechs Personen ein nationales Abschiebungsverbot.
Seit Oktober 2024 regelt § 47b AufenthG die Anzeigepflicht für Heimatreisen bei Schutzstatus. Erfahren Sie, welche Auflagen gelten, welche Risiken bestehen und wie Sie den Widerruf Ihres Schutzstatus vermeiden können. Alle Infos zu Ausnahmen, Konsequenzen und praktischen Tipps....
Was können Betroffene jetzt tun?
Wichtig: Auch wenn das BAMF derzeit bei vielen Syrer:innen eine Überprüfung des Schutzstatus durchführt, heißt das nicht automatisch, dass der Aufenthaltstitel verloren geht. Widerrufsprüfverfahren müssen immer individuell geprüft werden. Betroffene haben daher grundsätzlich die Möglichkeit, ihre persönliche Situation und ihren Schutzbedarf darzulegen.
Die folgenden Punkte können dabei helfen:
- Schreiben vom BAMF ernst nehmen und Fristen beachten
Wenn Sie ein Schreiben zum Widerrufsprüfverfahren erhalten, sollten Sie dieses sorgfältig lesen. Achten Sie insbesondere auf gesetzte Fristen für Stellungnahmen oder Anhörungen. Werden Fristen versäumt, kann dies negative Auswirkungen auf das Verfahren haben. - Nachweise zu Integration, Sprache, Arbeit und Ausbildung sammeln
Dokumentieren Sie Ihre Integrationsleistungen in Deutschland so vollständig wie möglich. Dazu zählen insbesondere Sprachzertifikate, Arbeitsverträge, Ausbildungs- oder Studienbescheinigungen sowie Schulnachweise von Ihnen oder Ihren Kindern. Auch ehrenamtliches Engagement kann relevant sein. Solche Nachweise können im Verfahren eine wichtige Rolle spielen und stärken in der Regel Ihre aufenthaltsrechtliche Position. - Individuelle Schutzgründe darlegen
Auch wenn sich die allgemeine Lage in Syrien verändert haben sollte, kann weiterhin ein persönlicher Schutzbedarf bestehen. Dazu zählen zum Beispiel politische Aktivitäten, frühere Verfolgung, Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen oder Minderheiten, individuelle Bedrohungen oder gesundheitliche Gründe. Diese sollten konkret und nachvollziehbar dargelegt werden. - Nachweise und Unterlagen sammeln
Sammeln Sie alle verfügbaren Unterlagen, die Ihre individuelle Gefährdung belegen können. Dazu gehören ärztliche Atteste, psychologische Gutachten, Dokumente zu politischem Engagement, frühere Bescheide oder Belege über Bedrohungen von Familienangehörigen. - Reisen nach Syrien prüfen lassen
Falls Sie seit Ihrer Anerkennung nach Syrien gereist sind, sollten Sie diesen Umstand unbedingt rechtlich prüfen lassen. Freiwillige Rückreisen können als Hinweis darauf gewertet werden, dass kein Schutzbedarf mehr besteht. Daher ist es wichtig, vor jeder Reise die Erlaubnis der Ausländerbehörde einzuholen. - Strafrechtliche Vorwürfe ernst nehmen
Sollten strafrechtliche Verurteilungen oder laufende Ermittlungen vorliegen, ist besondere Vorsicht geboten. Eine frühzeitige rechtliche Beratung ist hier besonders wichtig. - Rechtliche Beratung in Anspruch nehmen
Widerrufsverfahren sind rechtlich komplex. Eine qualifizierte Beratung durch Fachanwält:innen oder erfahrene Beratungsstellen kann entscheidend sein, um Fehler zu vermeiden und die eigenen Rechte effektiv wahrzunehmen. - Fristen für Rechtsmittel kennen
Sollte das BAMF tatsächlich einen Widerruf aussprechen, bestehen in der Regel rechtliche Möglichkeiten, dagegen vorzugehen. Klagen gegen Widerrufsbescheide sind möglich, müssen jedoch innerhalb kurzer Fristen erhoben werden.
