Deutlich mehr Ablehnungen – kaum noch Schutz
Insgesamt entschied das BAMF im Oktober über 3.134 syrische Asylverfahren. Nur 0,8 Prozent der Antragsteller:innen erhielten einen Schutzstatus: Eine Person wurde als asylberechtigt anerkannt, zehn erhielten Flüchtlingsschutz, neun subsidiären Schutz und sechs ein nationales Abschiebungsverbot. Dagegen lehnte das BAMF 1.906 Erstanträge und 12 Folgeanträge als offensichtlich unbegründet ab.
Das Amt begründet die strengere Linie mit der veränderten Lage in Syrien. Nach dem Ende des Bürgerkriegs sei „nicht mehr in allen Fällen“ ein Grund für Asyl oder ein Abschiebungsverbot festzustellen – insbesondere nicht bei Personen ohne individuelle Verfolgungsgründe.
Asylverfahren für Syrer:innen monatelang ausgesetzt
Die aktuell hohe Zahl an Asyl-Ablehnungen lässt sich auf verschiedene Weise erklären: Unter anderem damit, dass Asylverfahren für syrische Staatsangehörige nach dem Sturz des früheren Machthabers Baschar al-Assad vorerst ausgesetzt waren.
Die Behörde begründete die Maßnahme damals mit der unklaren und „dynamischen“ Lage im Land. Die politische und sicherheitspolitische Situation sei zu instabil gewesen, um rechtssichere Entscheidungen treffen zu können. Grundlage dafür war § 24 Absatz 5 des Asylgesetzes.
Während dieser Zeit wurden nur formale Verfahren weitergeführt – etwa, wenn festgestellt wurde, dass ein anderer EU-Staat im Rahmen der Dublin-Verordnung zuständig war. Über Anträge von Gefährdern und Straftätern entschied das BAMF jedoch weiterhin.
Syrer:innen haben nicht mehr pauschal Anspruch auf Asyl in Deutschland
Erst im Mai 2025 stellte das Verwaltungsgericht Karlsruhe fest, dass die vollständige Aussetzung aller Asylverfahren von Syrer:innen nicht länger gerechtfertigt ist. Daraufhin nahm das BAMF die Bearbeitung schrittweise wieder auf – allerdings mit strengeren Maßstäben. Seitdem werden Schutzgründe deutlich enger ausgelegt und stärker nach der individuellen Lebenssituation und Herkunftsregion geprüft.
Seit Ende September 2025 entscheidet das BAMF wieder regulär über syrische Asylanträge – insbesondere über jene von jungen, arbeitsfähigen und alleinreisenden Männern. Diese Gruppe gilt nach Einschätzung der Behörde als weniger gefährdet als andere.
Bundesregierung diskutiert über Abschiebungen nach Syrien
Während das BAMF wieder aktiv über syrische Asylanträge entscheidet, wird in der Bundesregierung intensiv über mögliche Rückführungen diskutiert. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) forderte zuletzt eine Wiederaufnahme von Abschiebungen nach Syrien. „Der Bürgerkrieg in Syrien ist beendet. Es gibt jetzt keinerlei Gründe mehr für Asyl in Deutschland, und deswegen können wir auch mit Rückführungen beginnen“, sagte er in der vergangenen Woche bei einer Pressekonferenz.
Auch Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sprach sich für Rückführungen aus und kündigte Gespräche mit der syrischen Übergangsregierung an: „Wir sind dabei, mit Syrien Vereinbarungen zu treffen, die die Rückführungen nach Syrien auch tatsächlich ermöglichen.“
Nach seinen Angaben sollen zunächst straffällig gewordene Personen abgeschoben werden, später auch Menschen ohne Aufenthaltsrecht. Dobrindt hofft auf eine Einigung mit der syrischen Regierung noch in diesem Jahr.
Wann wird ein Asylantrag abgelehnt?
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist gesetzlich verpflichtet, jeden Asylantrag individuell (also im Einzelfall) zu prüfen. Dabei wird bewertet, ob und in welchem Umfang die antragstellende Person in ihrem Herkunftsland einer konkreten Gefahr ausgesetzt ist – etwa durch Krieg, Folter, politische Verfolgung oder unmenschliche Behandlung.
Ein Asylantrag wird abgelehnt, wenn:
- kein Schutzgrund nach dem Asylgesetz (§§ 3–4 AsylG) vorliegt – also keine individuelle Verfolgung, keine Gefahr für Leib und Leben und auch keine sonstige erhebliche Bedrohung;
- ein anderer EU-Staat zuständig ist, z. B. nach der Dublin-III-Verordnung, wenn die Person dort zuerst registriert wurde;
- der Antrag als offensichtlich unbegründet eingestuft wird – etwa, wenn das BAMF davon ausgeht, dass die Fluchtgründe erfunden, widersprüchlich oder unbelegt sind;
- der Schutzgrund nachträglich entfällt, zum Beispiel wenn sich die Sicherheitslage im Herkunftsland deutlich verbessert hat und keine individuelle Gefahr mehr besteht.
Im Fall Syriens begründet das BAMF Ablehnungen damit, dass nach dem Ende des Bürgerkriegs nicht mehr in allen Fällen ein Anspruch auf Schutz besteht. Besonders bei jungen, gesunden Männern ohne individuelle Verfolgungsgründe geht die Behörde davon aus, dass keine persönliche Gefahr mehr besteht, die eine Gewährung von Asyl oder Flüchtlingsschutz rechtfertigt.
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Was bedeutet eine Ablehnung?
Wer einen ablehnenden Asylbescheid erhält, gilt grundsätzlich als ausreisepflichtig (§ 50 AufenthG). Das bedeutet: Die Person muss Deutschland innerhalb einer im Bescheid festgelegten Frist (meist 7 bis 30 Tage) verlassen.
Nach Ablauf dieser Frist kann eine Abschiebung drohen, sofern kein weiterer Aufenthaltstitel oder rechtlicher Schutz besteht. Entscheidend ist dabei, welche Art der Ablehnung vorliegt:
- Bei einer einfachen Ablehnung (§ 38 Abs. 1 AsylG): Die Frist zur freiwilligen Ausreise beträgt in der Regel 30 Tage.
- Offensichtlich unbegründeter Antrag (§ 30 AsylG) oder Dublin-Verfahren: Die Frist beträgt nur eine Woche (7 Tage).
Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es?
Gegen eine Ablehnung des Asylantrags kann man rechtlich vorgehen – allerdings gelten dabei unterschiedliche Fristen, die unbedingt eingehalten werden müssen. Grundsätzlich kann gegen den ablehnenden Bescheid Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht eingereicht werden (§ 74 AsylG). Bei einer einfachen Ablehnung beträgt die Frist dafür zwei Wochen.
Wird der Antrag hingegen als offensichtlich unbegründet eingestuft, muss die Klage innerhalb einer Woche erhoben und zusätzlich ein Eilantrag gestellt werden. Der Eilantrag ist entscheidend, weil er die aufschiebende Wirkung wiederherstellt – nur so kann verhindert werden, dass eine Abschiebung erfolgt, bevor das Gericht über den Fall entschieden hat.
Wenn nach der Ablehnung neue Beweise oder Umstände vorliegen – etwa eine veränderte Sicherheitslage im Herkunftsland, neue Bedrohungen oder schwerwiegende Krankheiten –, besteht die Möglichkeit, einen Asyl-Folgeantrag nach § 71 AsylG zu stellen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) prüft dann, ob ein neues Asylverfahren eröffnet wird.
Unabhängig davon ist es auch möglich, Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG zu beantragen. Das kommt insbesondere in Betracht, wenn eine Rückkehr aus humanitären Gründen unzumutbar wäre – etwa wegen einer schweren Krankheit, fehlender medizinischer Versorgung oder drohender unmenschlicher Behandlung im Herkunftsland.
Was passiert, wenn man nicht freiwillig ausreist?
Wer die Ausreisepflicht nicht einhält, kann abgeschoben werden (§ 58 AufenthG). In solchen Fällen droht außerdem eine Wiedereinreisesperre (§ 11 AufenthG).
Ist eine Abschiebung vorübergehend nicht möglich – etwa mangels Reisedokumenten, wegen Krankheit oder fehlender Flugverbindungen – kann eine Duldung (§ 60a AufenthG) erteilt werden. Das ist kein Aufenthaltstitel, schützt aber vorübergehend vor der Abschiebung.
Mehr Syrer kehren freiwillig in ihre Heimat zurück
Laut aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts ist die Zuwanderung aus Syrien seit dem politischen Umbruch stark zurückgegangen. Von Januar bis September 2025 registrierten die Meldebehörden rund 40.000 Zuzüge aus Syrien – fast die Hälfte weniger als im Vorjahreszeitraum.
Gleichzeitig stieg die Zahl der Fortzüge syrischer Staatsangehöriger: Rund 21.800 Syrer:innen verließen Deutschland zwischen Januar und September 2025. Das sind rund 35 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Damit sank die Nettozuwanderung – also Zuzüge minus Fortzüge – von 58.500 Menschen im Jahr 2024 auf rund 18.100 im laufenden Jahr.
Nach Angaben des BAMF nutzten seit Ende 2024 zudem 2.869 Syrer:innen staatliche Rückkehrförderprogramme, um freiwillig in ihre Heimat zurückzukehren.
Der § 60 AufenthG regelt das Abschiebungsverbot und bietet Schutz für Ausländer, die in ihrem Herkunftsland aufgrund verschiedener Gründe gefährdet sind. Insbesondere wird auf humanitäre, gesundheitliche und politische Gründe eingegangen, um den Betroffenen die notwendige Sicherheit zu gewäh...
Fazit
Auch wenn sich die rechtliche Lage für syrische Geflüchtete bislang nicht grundsätzlich verändert hat, zeigt sich ein klarer Trend zu einer strengeren Prüfungspraxis. Das BAMF bewertet Schutzgründe wieder individuell und lehnt deutlich mehr Asyl-Anträge als offensichtlich unbegründet ab.
Für Betroffene ist es daher wichtig: Fristen einzuhalten, rechtzeitig rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen und alle relevanten Nachweise sorgfältig zu dokumentieren. Zudem kann es hilfreich sein, die eigene Aufenthaltssituation zu stärken – etwa durch Sprachkenntnisse, Arbeit oder Ausbildung. Wer bereits länger in Deutschland lebt, kann prüfen, ob eine Niederlassungserlaubnis oder Einbürgerung infrage kommt.
Trotz politischer Debatten bleibt eines unverändert: Jeder Asylantrag muss individuell geprüft werden – pauschale Ablehnungen oder Rückführungen sind rechtlich nicht zulässig.
