Was ist die Bagatellgrenze nach § 12a StAG?
Die Bagatellgrenze nach § 12a StAG kann für Sie entscheidend sein, wenn Sie die deutsche Staatsbürgerschaft anstreben und dabei kleinere Vergehen in der Vergangenheit hatten. Diese Regelung legt fest, welche geringfügigen Verurteilungen im Einbürgerungsverfahren unberücksichtigt bleiben können. Doch was bedeutet das konkret für Sie, und in welchen Fällen greift die Bagatellgrenze?
Definition und Bedeutung der Bagatellgrenze
Die Bagatellgrenze nach § 12a Staatsangehörigkeitsgesetz ist eine Regelung, die Ihnen die Möglichkeit gibt, trotz kleinerer Vorstrafen eine Einbürgerung zu beantragen. Bestimmte Vergehen gelten als „Bagatelldelikte“ und werden bei der Entscheidung über Ihre Einbürgerung nicht berücksichtigt.
Gemäß § 12a Absatz 1 Satz 1 StAG lautet die Vorschrift wie folgt:
Gesetzestext:
„Bei der Einbürgerung bleiben außer Betracht:
- Die Verhängung von Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz,
- Verurteilungen zu Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen und
- Verurteilungen zu Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt und nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden ist.“
Gesetzliche Grundlagen nach § 12a StAG
Die gesetzlichen Grundlagen des § 12a StAG legen fest, welche Straftaten trotz ihrer Geringfügigkeit im Einbürgerungsverfahren berücksichtigt werden müssen.
§ 12a Absatz 1 Satz 1 StAG gilt unter folgenden Voraussetzungen nicht:
- § 12a Absatz 1 Satz 2 StAG: Gesetzestext: „Wenn der Ausländer wegen einer rechtswidrigen antisemitischen, rassistischen oder sonstigen menschenverachtenden Tat im Sinne von § 46 Absatz 2 Satz 2 des Strafgesetzbuches zu einer Freiheits-, Geld- oder Jugendstrafe verurteilt und ein solcher Beweggrund im Rahmen des Urteils festgestellt worden ist.“
- Bei mehreren Verurteilungen zu Geld- oder Freiheitsstrafen im Sinne des Satzes 1 Nr . 2 und 3 werden die Strafen zusammengezählt und festgestellt ob diese Strafen die Bagatellgrenze übersteigen.
- § 12 Absatz 1 Satz 4 AufenthG: Gesetzestext: „Ist eine Maßregel der Besserung und Sicherung nach § 61 Nr. 5 oder 6 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ,so wird im Einzelfall entschieden, ob die Maßregel der Besserung und Sicherung außer Betracht bleiben kann.“
Welche Straftaten bleiben bei der Einbürgerung außer Betracht?
Im Rahmen des Einbürgerungsverfahrens können bestimmte Straftaten unter bestimmten Bedingungen außer Betracht bleiben. Das bedeutet, dass diese Vergehen den Einbürgerungsprozess nicht zwangsläufig behindern. In diesem Abschnitt erfahren Sie, welche Straftaten ausgenommen sind und wie Behörden darüber entscheiden.
Jugendstrafen und Erziehungsmaßnahmen
Jugendstrafen, die im Rahmen des Jugendgerichtsgesetzes verhängt wurden, sowie Erziehungsmaßnahmen wie Verwarnungen oder Jugendarreste, haben in der Regel keinen Einfluss auf Ihre Einbürgerung. Diese Strafen werden bei der Beurteilung des Einbürgerungsantrags oft nicht berücksichtigt, da sie als erzieherische Maßnahmen betrachtet werden.
Geldstrafen bis 90 Tagessätze
Auch Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen bleiben bei der Einbürgerung außer Betracht. Dies bedeutet, dass kleinere Vergehen, die mit einer solchen Geldstrafe geahndet wurden, Ihre Chancen auf die deutsche Staatsbürgerschaft nicht beeinträchtigen. Wichtig ist jedoch, dass alle Strafen offengelegt werden müssen, auch wenn sie keine negativen Auswirkungen haben.
Freiheitsstrafen bis drei Monate auf Bewährung
Freiheitsstrafen von bis zu drei Monaten können unter bestimmten Umständen ebenfalls außer Betracht bleiben, insbesondere wenn es sich um Einzelfälle und keine wiederholten Straftaten handelt. Diese Ausnahme gilt jedoch nur, wenn die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde und keine schwerwiegenden Vergehen vorliegen.
Ermessensspielraum der Behörden
Behörden haben einen gewissen Ermessensspielraum, um zu entscheiden, ob bestimmte Vergehen bei der Einbürgerung unberücksichtigt bleiben. Faktoren wie die Art der Straftat, das Alter zum Tatzeitpunkt und die Zeitspanne seit der Verurteilung können dabei eine Rolle spielen.
Es ist ratsam, im Vorfeld offen mit den Behörden über frühere Strafen zu sprechen, um Missverständnisse zu vermeiden.
Wann wird § 12a StAG nicht angewendet?
§ 12a des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) beschreibt die Bedingungen, unter denen eine Straffreiheit für die Einbürgerung vorausgesetzt wird. Dennoch gibt es bestimmte Fälle, in denen der Paragraph nicht angewendet wird und somit eine Einbürgerung ausgeschlossen ist. Nachfolgend erfahren Sie, welche Umstände dies betreffen und wann Einzelfallentscheidungen möglich sind.
Ausschluss wegen menschenverachtender Taten
Laut § 12a Abs.1 Satz 2 StAG wird eine Einbürgerung automatisch ausgeschlossen, wenn eine Person wegen menschenverachtender Taten verurteilt wurde. Dazu zählen Straftaten, die aus rassistischen, fremdenfeindlichen oder anderen diskriminierenden Motiven begangen wurden.
Dieser Ausschlussgrund gilt unabhängig von der Höhe der Strafe und kann auch nicht durch Einzelfallentscheidungen umgangen werden. Wer solche Verurteilungen aufweist, wird grundsätzlich von der Einbürgerung ausgeschlossen.
Beispiele unter anderem:
§§ 174–181a StGB: Sexuelle Übergriffe, Missbrauch von Kindern, Nötigung, Förderung von Prostitution, Zuhälterei).
§§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder § 236 StGB: (Misshandlung Schutzbefohlener Kinderhandel, Menschenhandel).
§ 171 StGB: Verletzung der Fürsorge oder Erziehungspflicht
Einzelfallentscheidungen bei Überschreitung der Bagatellgrenze
Verstöße, die die Bagatellgrenze geringfügig überschreiten, werden gemäß § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG in Einzelfallentscheidungen betrachtet. Hier prüfen die Behörden, ob bei Strafverfahren besondere Umstände vorliegen, die den Ausschluss von der Einbürgerung rechtfertigen oder ob eine Ausnahme möglich ist.
Faktoren, die bei der Entscheidung berücksichtigt werden können, umfassen:
- Motivation und Kontext der Tat – Wurde die Tat impulsiv oder unter extremen Umständen begangen?
- Zeitlicher Abstand und Verhaltensänderung – Wie lange liegt die Tat zurück, und hat sich die Person seither bewährt?
- Reue und Wiedergutmachungsversuche – Hat die betroffene Person Bemühungen gezeigt, den Schaden wieder gutzumachen?
Ausländische Verurteilungen und Tilgung von Strafen
Bei der Einbürgerung spielen nicht nur deutsche Strafurteile, sondern auch ausländische Verurteilungen eine Rolle. Für die Berücksichtigung solcher Urteile und die Tilgung von Strafen gelten besondere Voraussetzungen und Fristen. Hier erfahren Sie, welche ausländischen Urteile relevant sind und welche Tilgungsfristen im Bundeszentralregistergesetz (BZRG) geregelt sind.
Tilgungsfristen nach Bundeszentralregistergesetz
Das Bundeszentralregistergesetz (BZRG) regelt nach § 46 BZRG die Tilgungsfristen, nach denen Strafen aus dem Register gelöscht werden und somit bei der Einbürgerung außer Betracht bleiben können.
Diese Fristen variieren je nach Art und Schwere der Straftat:
- Geldstrafen: Tilgungsfrist beträgt in der Regel 5 Jahre.
- Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr (zur Bewährung ausgesetzt): Tilgungsfrist beträgt ebenfalls 5 Jahre.
- Freiheitsstrafen über einem Jahr: Tilgungsfrist beträgt 10 Jahre, wenn keine weiteren Straftaten vorliegen.
Art der Strafe | Tilgungsfrist |
---|---|
Geldstrafe | 5 Jahre |
Freiheitsstrafe bis 1 Jahr (Bewährung) | 5 Jahre |
Freiheitsstrafe über 1 Jahr | 10 Jahre |
Diese Tilgungsfristen sorgen dafür, dass geringfügige Vergehen nach einer gewissen Zeit keine Hürde für die Einbürgerung darstellen, sofern seit der Verurteilung keine weiteren Straftaten begangen wurden. Es ist ratsam, die Tilgungsfristen im Blick zu behalten und sich gegebenenfalls rechtzeitig beraten zu lassen.
Voraussetzungen für die Berücksichtigung ausländischer Urteile
Nicht alle ausländischen Verurteilungen führen automatisch zu einem Ausschluss von der Einbürgerung. Es gibt bestimmte Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit ein ausländisches Urteil bei der Entscheidung berücksichtigt wird:
- Rechtsvergleichbarkeit: Die Tat muss nach deutschem Recht ebenfalls strafbar sein. Urteile für Handlungen, die in Deutschland keine Straftat darstellen, bleiben unberücksichtigt.
- Schwere der Straftat: Kleinere Vergehen, die die Bagatellgrenze nicht überschreiten, werden häufig nicht als Hinderungsgrund gesehen.
- Offizielle Anerkennung des Urteils in Deutschland: In bestimmten Fällen müssen ausländische Urteile zuerst durch ein deutsches Gericht anerkannt werden, um ihre Gültigkeit im Einbürgerungsverfahren zu erhalten.
Kriterium | Bedeutung für Einbürgerung |
---|---|
Rechtsvergleichbarkeit | Tat muss nach deutschem Recht strafbar sein |
Schwere der Straftat | Bagatellgrenzen und Straftypen können entfallen |
Anerkennung in Deutschland | In manchen Fällen ist ein deutscher Gerichtsbeschluss notwendig |
Verfahren bei Einbürgerungsanträgen mit laufenden Ermittlungen
Falls gegen Sie zum Zeitpunkt Ihres Einbürgerungsantrags ein laufendes Ermittlungsverfahren besteht, kann dies Auswirkungen auf den Ablauf des Verfahrens haben. Die Behörden prüfen sorgfältig, ob die Einbürgerung angesichts der offenen Ermittlungen vorübergehend ausgesetzt werden muss und welche Folgen sich daraus ergeben.
Aussetzung des Einbürgerungsverfahrens bei Verdacht
Bei einem Verdacht auf strafbare Handlungen können die Behörden entscheiden, das Einbürgerungsverfahren auszusetzen, bis das Ergebnis der Ermittlungen vorliegt. Die Gründe für eine solche Aussetzung sind:
- Schutz vor voreiligen Entscheidungen: Die Behörde möchte sicherstellen, dass nur Personen eingebürgert werden, deren Strafregister keine Hürden für die Einbürgerung darstellen.
- Abwarten des Ermittlungsabschlusses: Erst nach Abschluss des Verfahrens – sei es durch Freispruch, Verurteilung oder Einstellung des Verfahrens – kann eine fundierte Entscheidung zur Einbürgerung getroffen werden.
- Ermessen der Behörde: Die Entscheidung zur Aussetzung liegt im Ermessen der Behörden, insbesondere wenn schwerwiegende Vorwürfe im Raum stehen.
Nach Abschluss der Ermittlungen wird das Einbürgerungsverfahren wieder aufgenommen. Ein Freispruch oder eine Einstellung des Verfahrens ermöglicht oft die Fortsetzung des Antrags, während eine Verurteilung je nach Schwere den Antrag blockieren kann.
Besondere Regelungen für Jugendstrafen nach § 27 JGG
Wenn Sie als Jugendlicher oder junge/r Erwachsene/r eine Einbürgerung beantragen und ein laufendes Jugendstrafverfahren gegen Sie besteht, gelten besondere Regelungen für Strafen, die nach § 27 des Jugendgerichtsgesetzes ausgesetzt sind. Diese Regelungen berücksichtigen, dass Jugendstraftaten oft anders beurteilt werden als Vergehen Erwachsener.
Dabei gilt:
- Milderer Maßstab: Jugendstraftaten werden häufig unter Berücksichtigung des Erziehungsaspekts bewertet und wirken sich nicht immer negativ auf die Einbürgerung aus.
- Einzelfallprüfung: Die Behörden nehmen eine individuelle Bewertung vor, um zu entscheiden, ob die Tat die Einbürgerung beeinflussen sollte.
- Fokus auf Resozialisierung: Im Jugendstrafrecht steht die Rehabilitation im Vordergrund. Positive Entwicklungen seit der Tat können eine Einbürgerung dennoch ermöglichen, sofern die Tat nicht als erheblicher Verstoß gegen gesellschaftliche Grundwerte gewertet wird.
Falsche Angaben bei oder nach Einbürgerungsantrag
Machen Sie falsche Angaben beim Einbürgerungsantrag und verschweigen Vorstrafen, hat dies für Sie auch bei einer erfolgreichen Einbürgerung schwere Folgen. Die Entscheidung für Ihre Einbürgerung kann dann wegen arglistiger Täuschung zurückgenommen werden.
Wenn Sie während des Einbürgerungsantrags Vorstrafen verschweigen, hat dies auch schwere Folgen, weil Ihnen auch in diesem Fall eine arglistige Täuschung vorgeworfen wird.
In beiden Fällen kann die Einbürgerungsbehörde eine Strafanzeige gegen Sie stellen. Dies steht dann Ihrer Einbürgerung im Weg. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Sie nicht verschweigen und offen kommunizieren!
Fazit zu § 12a StAG
Wie Sie erkennen können, ist das Thema § 12a StAG sehr komplex. Anbei haben wir für Sie nochmals die wichtigsten Kernpunkte zusammengefasst und Tipps für die Einbürgerung trotz Vorstrafe gegeben.
Zusammenfassung der wichtigsten Punkte zur Bagatellgrenze
- Erzieherische Maßnahmen und leichte Strafen: Jugendstrafen und Erziehungsmaßnahmen beeinflussen Ihre Einbürgerung in der Regel nicht.
- Geringfügige Geldstrafen: Geldstrafen bis 90 Tagessätze bleiben außer Betracht.
- Kurze Freiheitsstrafen: Freiheitsstrafen bis drei Monate, die zur Bewährung ausgesetzt wurden, werden nicht als Hindernis betrachtet.
- Ermessensspielraum bei Überschreitung: Wird die Bagatellgrenze nach § 12a StAG überschritten, entscheidet die Einbürgerungsbehörde über den Ermessensspielraum.
- Tilgung nach § 46 BZRG: Die Tilgung der Straftat aus dem Bundeszentralregister ist nach einer vorgegebenen Frist möglich. Dann können Sie einen Antrag beim Bundesamt für Justiz stellen.
Wichtige Hinweise für die Einbürgerung trotz Vorstrafe
- Offenheit ist entscheidend: Geben Sie alle Vorstrafen an, auch wenn sie möglicherweise nicht relevant sind.
- Einzelfallentscheidungen: Bei geringfügiger Überschreitung der Bagatellgrenze kann eine wohlwollende Prüfung möglich sein.
- Beratung nutzen: Lassen Sie sich frühzeitig beraten, um Ihre Chancen auf die Einbürgerung richtig einschätzen zu können.
Sie möchten wissen, wann Einträge im Bundeszentralregister gelöscht werden und wie lange Tilgungsfristen nach § 46 BZRG dauern? In diesem Artikel erfahren Sie alles Wichtige über die Fristen, das Antragsverfahren zur vorzeitigen Löschung und die Bedeutung für Ihre Einbürgerung.
FAQ – Die wichtigsten Fragen zu § 12a StAG
§ 12a StAG regelt, welche Vorstrafen bei der Einbürgerung unberücksichtigt bleiben können, um geringfügige Vergehen nicht automatisch als Hindernis für die deutsche Staatsbürgerschaft zu sehen.
Die Bagatellgrenze umfasst Geldstrafen bis 90 Tagessätze und Freiheitsstrafen bis zu drei Monaten auf Bewährung, die den Einbürgerungsprozess normalerweise nicht beeinträchtigen.
Straftaten, die auf rassistischen, fremdenfeindlichen oder menschenverachtenden Motiven basieren, sind grundsätzlich von der Bagatellgrenze ausgenommen und führen zum Ausschluss von der Einbürgerung.
Ja, ausländische Urteile können die Einbürgerung beeinflussen, wenn die Tat nach deutschem Recht strafbar ist und das Urteil in Deutschland anerkannt wird.
Eine Einbürgerung wird abgelehnt, wenn schwerwiegende Verurteilungen oder wiederholte Straftaten vorliegen, die als Widerspruch zu den gesellschaftlichen Werten Deutschlands gesehen werden.